Kritische Naturgeschichte > Über Größen [Michael Blume II]


 

Dr. Michael Blume, angebliches Opfer einer Ausspähaffäre und gewiefter Karrierist

Diese Urkunde soll ein Meilenstein in Blumes Karriere sein
Diese Urkunde des ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schilly (SPD) aus 2001 soll ein Meilenstein in Blumes Karriere gewesen sein. Denn nach seiner Darstellung hatte der damalige baden-württembergische Staatsminister Dr. Christoph Palmer (CDU) von dieser Auszeichnung über die Presse Kenntnis bekommen, ihn darauf zum Kaffee eingeladen und ihm dann in 2003 eine Stelle als Islamberater verschafft. Eine wirklich schöne Geschichte pateiübergreifender Zusammenarbeit, wenn sie denn wahr ist. Z. B. war Blume schon seit 1999 schon als mit Abstand jüngster (CDU-) Stadtrat in Filderstadt bekannt.

Prolog - Über einen anständigen Bürger und eine weniger anständige Preisverleihung

2001 hatte sich Blume an einem Studentenwettbewerb zur Integration von Ausländern in Deutschland beteiligt und für seinen weithin autobiographischen Beitrag einen Preis bekommen. Ein Foto der Urkunde, die er vom damaligen Bundes-Innenminister Otto Schilly erhalten hatte, kommentierte er später damit: »Hätte ich noch ›anständiger‹ sein sollen?«. ›Anständiger‹ vielleicht nicht, aber weniger selbstgerecht und etwas selbstkritischer persönlichen Auszeichnungen gegenüber! Z. B. hatte er 2010 vom Freundeskreis der Evangelischen Akademie Villigst den Preis »Vermittlungen« für sein 2009 erschienenes Buch »Gott, Gene und Gehirne« erhalten, das er zusammen mit Rüdiger Vaas verfasst hatte. Da Blume keine Gelegenheit auslässt, sich und seine Werke zu bewerben, stellte er seine Dankesrede umgehend auf SciLogs als Blogpost ein. Erwartungsgemäß gratulierten ihm viele Kommentatoren für seine Auszeichnung, allerdings einige davon, nicht ohne seine religionsbiologischen oder integrationspolitischen Konzepte in Frage zu stellen.

Richtig spannend wurde es aber erst als Blume im Verlauf der Diskussion unter massives ›friendly fire‹ vom Koautor seines Buches Rüdiger Vaas geriet. Der bemerkte bissig und sichtlich verärgert: »(…)Verwundert hat es mich, dass Du die Preisverleiher nicht überzeugen konntest, Dir den Preis für Deine ›Neurotheologie‹ und/oder Deine Internet-Artikel/Blogs zu geben! Denn es ist ziemlich peinlich und grotesk für alle Seiten, einen Preis zu verleihen - bzw. entgegen zu nehmen sowie darüber zu schreiben und zu lesen - für ein Buch, das Du ja zu zwei Dritteln gar nicht selbst verfasst hast. Zumal die offizielle Pressemitteilung der Evangelischen Kirche von Westfalen suggeriert, dass Du Alleinautor bist, weil der Ko-Autor nicht einmal erwähnt wird.« Blume rechtfertigte sich daraufhin ausschweifend, hob‘ seine Rolle bei der Entstehung und Bewerbung des Buches hervor, lobte Vaas als ›Diskussionspartner, Mentor, Freund und Wissenschaftsautor‹ über den Klee, bot ihm sogar an, das Preisgeld zu teilen, vermied aber einzugestehen, dass diese Preisverleihung offenbar wenig ›anständig‹ war.

I. Hauptstück – Blumes herzergreifender Selbsterfahrungsbericht über einen aus dem Ruder laufenden Sicherheitsapparat und einen ›bösen‹ Journalisten

Anfang April 2013 hatte ich Dr. Michael Blume in der Rubrik »Übergrößen« wegen seiner chronischen Islamophilie und penetranten Internetpräsenz den Beitrag »Von Kritikern, Weißwäschern und Weichspülern des Islam II« gewidmet. Drei Monate später hat Blume – ohne seine Leser auf den Bezug hinzuweisen – auf der Wissenschaftsplattform SciLogs den sehr persönlichen, angeblich auf bitterste Erfahrungen beruhenden Blogpost »Sollten sich ›anständige Bürger‹ wegen der Überwachung sorgen? – Ein Erfahrungsbericht aus den Schattenkriegen« eingestellt. Darin legt er dar, dass er in jungen Jahren über die Maßen sozial engagiert und vielfach ausgezeichnet oder belobigt war, und daher »so ziemlich das Musterbeispiel eines ›anständigen Bürgers‹ abgegeben« habe. Dann sei er »als völlig unbescholtener, ›anständiger Jungbürger‹, der (…) nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten« sei, »völlig ahnungslos« ins Visier des baden-württembergischen Verfassungsschutzes geraten und »über Nacht zur Jagd freigegeben« worden. Um die seelischen, privaten und gesellschaftlichen Abgründe deutlich zu machen, die er dabei durchlebt hat, bittet er die Leser, mit einer Formulierung, die jeder Gedenkfeier zur Ehre gereichen würde, sich in seine Situation zu versetzen: »Vielleicht wollen Sie einen Moment innehalten und sich vorstellen, wie (auch) Sie sich gefühlt hätten (…). Abgesehen davon, was das emotional und sozial mich einem macht – ich hatte eine Frau, eine kleines Kind und nur eine befristete halbe Stelle« und ›habe plötzlich in den Abgrund geblickt‹: »Hätten die selbsternannten Jäger damals Erfolg gehabt, so hätte ich meine Anstellung verloren und wären noch dazu ein Leben lang beruflich und öffentlich gebrandmarkt gewesen – ohne jedes faire Gerichtsverfahren, ohne jede rechtsstaatliche Verurteilung und gezeichnet für das gesamte restliche Lebens.«

Blume präsentiert uns eine wirklich herzergreifende geradezu Mitleid und Aufmerksamkeit heischende Geschichte, die die Leser ermahnen soll, die vom totalen Überwachungsstaat bedrohten Bürgerrechte zu verteidigen. Bei den weitaus meisten eher gutgläubigen Lesern, bei denen schon die bloße Anführung bestimmter Schlüsselformulierungen (z. B. ›ausufernde Sicherheitsbehörden‹, ›Jäger vom Verfassungsschutz‹ oder ›leichtfertiges Verspielen von Bürgerrechten‹) ausreicht, um sich auf eine Seite zu schlagen, hat sie Zustimmung, Anteilnahme und Empörung ausgelöst. Bei den wenigen eher skeptischen Lesern dagegen Irritation und Zweifel, denn erstens ist sie über die Maßen theatralisch und zweitens hat sie schon bei oberflächlicher Lektüre einen gravierenden Makel: Ihr Aufhänger ist so grotesk, dass Zweifel an ihrem Wahrheitsgehalt aufkommen. So betont Blume pathetisch, dass er das, was ihm widerfahren sei, bisher nur selten im kleinen Kreis offenbart habe, wenn er das »leichtfertige Verspielen unserer Bürgerrechte« nicht mehr aushielt. Jetzt aber wolle er diese Geschichte »aus Respekt vor dem Mut von Edward Snowden« erstmals Online erzählen, um medialen Beschwichtigungen entgegenzutreten, dass »›anständige Bürger‹«, »vor ein bisschen Überwachung und ausufernden Sicherheitsbehörden« im »feinen Europa« doch »gar nichts zu befürchten« hätten. Ein wenig plausibler, offenkundig vorgeschobener Anlass für das Timing seines Online-Outings: Erstens ist seine hochemotionale Selbstoffenbarung so neu nun auch wieder nicht, denn öffentlich zugängliche Teile der Geschichte hatte ich bereits einige Monate vorher recherchiert und in einem ›Übergrößen‹-Beitrag auf meiner Website publiziert. Allerdings mit dem Unterschied, dass in dieser Darstellung nicht der baden-württembergische Verfassungsschutz, sondern Blume der Buhmann ist, der Bürgerrechte überdehnt oder leichtfertig verspielt. Und zweitens bleibt rätselhaft, was Blumes Online-Selbstoffenbarung mit dem Geheimnisverrat des – je nach Perspektive – Whistleblowers oder Verräters Snowden zu tun hat.

Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Snowden hat die Ausspähpraktiken des amerikanischen Geheimdienstes NSA enthüllt und dessen Totalüberwachung der Internetkommunikation publik gemacht. Der Preis für seinen Geheimnisverrat ist hoch, denn er musste aus den USA flüchten und sein gesamtes privates Leben inklusive Eltern und Freundin aufgeben. Bisher ist es ihm gelungen, sich der Verfolgung durch die amerikanische Justiz durch eine riskante Flucht in einen autoritären Staat zu entziehen, der dafür bekannt ist, die Bürgerrechte mit Füßen zutreten. Erwischen ihn die amerikanischen Behörden droht ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe wegen Verrates streng vertraulicher Dokumente seines Arbeitgebers. Blume dagegen hat keine Staatsgeheimnisse verraten. Er ist schlicht wegen seiner die Islamisierung Deutschlands verharmlosenden und befördernden Aktivitäten und seiner von Naivität geprägten Kontakte zu Islamisten ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Er musste weder seine Familie im Stich lassen oder überstürzt in ein islamistisches Drittland fliehen. Das Schlimmste, was ihm hätte passieren können, wäre eine Nichtverlängerung seines Vertrages als Islamberater, also ein Karriereknick gewesen.

Blume ist auch kein frühes Opfer ausgetüftelter Ausspähprogramme der Geheimdienste, weil es bei ihm schlicht nichts zu enthüllen gibt. Man kann ihn als einen typischen Vertreter der modernen ›Voyeure‹ oder ›Exhibitionisten‹ des Internetzeitalters bezeichnen. Zwischenzeitlich hat er eine eigene Homepage und einen Blog, auf dem er in kurzen Abständen vielfach egomane Beiträge einstellt und in dessen Kommentarspalten er nahezu ganztägig präsent ist. Er bedient große Emailverteiler und ist auf Twitter und Facebook sowie als E-Book-Autor aktiv. Um im öffentlichen Diskurs groß rauszukommen, hat er sukzessive fast seine gesamte Privatsphäre öffentlich gemacht bzw. für seine Karriere eingespannt. Von seiner Mission, die gravierenden gesellschaftlichen Probleme, die mit der Integration [bekanntlich zur Ausgrenzung neigender, G.M.] muslimischer Migranten verbunden sind, durch einen interreligiösen Dialog zu lösen, ist er so besessen, dass er in der Vergangenheit auch mit Aktivitäten oder Äußerungen hausieren gegangen ist, die ihn in einem dubiosen Licht erscheinen lassen. Warum also sollte gerade so jemand wie Blume Angst vor einem ausufernden Überwachungsstaat haben? Dafür gibt es nur eine plausible Erklärung, um seines Ruhmes und seiner Karriere wegen möchte Blume von allen gelesen werden, außer vom Verfassungsschutz. Dabei könnte gerade der ihm helfen, seine Selbstillusionierungen zu reflektieren, mit denen er sich seine heile multikulturelle Welt zurechtbiegt!

Tatsächlich bedurfte es keiner heimlichen Ausspähaktionen, sondern nur der Lektüre seiner im Internet publizierten Magisterarbeit damit der promovierte Islamwissenschaftler und leitende Mitarbeiter des baden-württembergischen Verfassungsschutzes Herbert Landolin Müller 2003 zu der Einschätzung kam, dass die ›klammheimliche‹ Ernennung Blumes zum Islamberater durch den damaligen Staatsminister Dr. Christoph Palmer (CDU) höchst bedenklich ist. Der Islamexperte monierte gegenüber der Presse: ›In seiner Magisterarbeit über die neue, islamische Elite übernehme Blume Thesen von Islamisten, und mit problematischer Kundschaft seiner Behörde führe der Religionswissenschaftler eine geradezu freundschaftliche Korrespondenz. Ferner blende er die Gefahren, die von extremistisch beeinflussten Muslim-Verbänden wie Milli Görüs ausgingen, weitgehend aus und handle selbst ausgewiesene Moslem-Extremisten völlig unkritisch ab. Die mit Bestnote ausgezeichnete Magisterarbeit sei keine Wissenschaft, sondern ein Selbsterfahrungstrip in Sachen Religion. In dieser Arbeit werde genau die Art von Dialog mit Muslimen geführt, vor der der Verfassungsschutz seit Jahren warne und einer schleichenden Islamisierung‹ unserer Gesellschaft Vorschub geleistet.‹ Nur ein Leser von Blumes herzergreifender Geschichte erkannte den Schwindel vom ahnungslos ausgespähten Opfer und kommentierte: ›Ein offener Angriff auf eine offene Quelle; mit Aushorchen, Datensammlungen und Überwachung von Kommunikation habe die Geschichte erst mal nichts zu tun‹. Es grenzt daher an Paranoia, wenn Blume seinen Blogpost im Untertitel als »Ein Erfahrungsbericht aus den Schattenkriegen« bezeichnet1).

Bleibt die Frage, warum er sich mit seiner geschönten Darstellung gerade jetzt an seine große Internetgemeinde wendet? Da der Rückgriff auf den Geheimnisverräter Snowden als Anlass seines Online-Outings absurd und nur vorgeschoben ist, muss es andere Gründe geben. Und die liegen wohl darin, dass die unangenehme Geschichte auch 10 Jahre nach den Vorfällen nicht völlig aus der Welt geschafft ist. Blume hatte zwar im Juli 2003 in einer vom Staats- und Innenministerium veröffentlichten Erklärung einen Persilschein bekommen, in dem festgestellt wurde, dass das Landesamt für Verfassungsschutz »zu keinem Zeitpunkt Bedenken gegen die Verfassungstreue von Herrn Blume geltend gemacht« hat. Außerdem wurde vieldeutig betont, dass Verfassungsschutz und Politikberatung ›naturgemäߋ unterschiedliche Aufgaben und Einschätzungen hätten. Dies war allerdings nur ein Freispruch zweiter Klasse, da seine Verfassungstreue nie zur Debatte stand, sondern vor allem sein problematisches von Naivität geprägtes Verhältnis zu islamistischen Extremisten und deren Ideologien. Dank seiner einflussreichen Fürsprecher (selbstverständlich laut Blume allesamt »couragierte Demokraten«) hatte er die Geschichte nach einigen »harten Monaten« ohne Karriereknick überstanden. Daraufhin schwor er sich, sich »nie wieder einschüchtern zu lassen« und gerade auch die Netzwelt nicht den Jägern und Hatern zu überlassen. Im Klartexthieß das wohl: Er beabsichtigte auch zukünftig durch eine Verharmlosung bedenklicher islamischer Ideologien, einer ›schleichenden Islamisierung‹ der deutschen Gesellschaft Vorschub zu leisten. Kein Wunder, dass ihn seine Vergangenheit in Presse und Internet immer wieder einholt, zumal das Internet – wie Blume in diesem für ihn ungünstigen Fall beklagte – nie vergisst.

Blume stilisiert sich in seinem theatralischen Artikel zu einem ahnungslosen unbescholtenen Opfer dunkler Mächte, der nach Jahren des Schweigens nun die damaligen Täter zur Rechenschaft zieht. So bezichtigt er die damals beteiligten Verfassungsschützer, Journalisten und Oppositionsabgeordneten, eine dubiose Koalition eingegangen zu sein und ohne Rechtsgrundlage einschüchternd und vorverurteilend gegen ihn ermittelt und vorgegangen zu haben: »Während ich also noch völlig ahnungslos meinen Arbeitsbereich aufbaute, begannen ›Kollegen‹ der Sicherheit schon auf eigene Faust ›belastendes‹ On- und Offlinematerial (einschließlich eMails) zusammen zu tragen und schließlich Journalisten sowie Oppositionsabgeordnete damit ›zu füttern‹. Ich weiß bis heute nicht, auf welcher Rechtsgrundlage diese Leute überhaupt gegen einen unbescholtenen Mitarbeiter ›ermittelten‹ - und dann Auswahlen ihrer ›Funde‹ auch noch weitergaben! Nun, sie taten es einfach - und eröffneten damit die Jagd.« Da Blume keine Selbstzweifel an seinem Tun kennt, ist ihm der Gedanke fremd, dass die Verfassungsschützer nur ihre ganz normale Arbeit gemacht haben, als sie bei seiner Einstellung in den Staatsdienst als Islam-Berater Verdachtsmomente geprüft und Bedenken erhoben haben. Genauso normal ist es im politischen Geschäft, dass Oppositionsabgeordnete hellhörig werden, wenn zwei Behörden der Landesregierung, also das Staatsministerium und der Verfassungsschutz bei der Einstellung eines Mitarbeiters an sensibler Stelle zu höchst unterschiedlichen Einschätzungen kommen. Und, dass Journalisten ein Recht ja die Pflicht haben, zu recherchieren und über Angelegenheiten, die von öffentlichem Interesse sind, zu berichten, will Blume doch wohl nicht ernsthaft anzweifeln, oder? Tut er aber und betont, dass die beteiligten Journalisten ihn – als »eingefleischten Zeitungsleser« – am härtesten enttäuscht hätten. Von denen würde es bis heute »kein Wort des Bedauerns und keine Klarstellung« geben. Besonders den Anruf eines Journalisten , der bei ihm existenzielle Ängste ausgelöst hätte, würde er nie vergessen, weil dieser ihn mit unverschämten Fragen zu seiner Person und seiner Frau bedrängt und Zweifel an der Integrität seiner weltanschaulichen Lebensumstände geäußert habe.

Obwohl seit den Vorfällen zwischenzeitlich zehn Jahre vergangen wären, würde – so Blume weiter – manchmal ein Journalist noch versuchen, darauf »›aufzubauen‹«. Z. B. hatte die Stuttgarter Zeitung im September und November 2010 zwei Berichte veröffentlicht, die mit »Islamexperte im Zwielicht« und »Gülen-Bewegung – der Justizminister warnt« übertitelt waren2).Darüber hinaus würden die Anschuldigungen aus jener Zeit von »Rechtsextremen immer wieder vorgebracht und weiter gesponnen«. So hätte die [in der Netzwelt ziemlich unbedeutende, aber von ihrer Aufmachung und von ihrem Namen her in der Tat unappetitliche, G.M.] Prangerseite »Nürnberg 2.0« 2011 eine ›Akte‹ über ihn angelegt und ihm einen ›Steckbrief‹ verpasst. Darin sind einige von seinen starrsinnigsten, das Gewaltpotenzial der islamischen Kultur verharmlosende Aussprüche dokumentiert. Z. B. eine Bemerkung, in der er patriarchalisch motivierte Ehrenmorde als Familientragödien, also normale Beziehungstaten bagatellisiert. Mit dem Impetus der Empörung zitiert Blume seinen ›Steckbrief‹ (häufig sogar mit Screenshot, aber immer ohne die Anschuldigungen) bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Dass er damit dazu beiträgt, für diese Website zu werben, nimmt er in Kauf. Dafür gibt es nur eine vernünftige Erklärung: Blume scheint Wert darauf zu legen, seinen Lesern zu zeigen, dass er von Rechtsextremen wegen seines ›couragierten‹ Eintretens für islamische Minderheiten mit Gewalt bedroht wird3). Er vermeidet allerdings, zu den durchaus heiklen Anschuldigungen Stellung zu beziehen und schwadroniert stattdessen über seinen ungebrochenen, ja nun erst recht angestachelten Kampfesmut gegen Einschüchterungsversuche von rechtslastigen »Hassaktevisten«. Ferner beschwört er seine Leser, sich daran zu beteiligen. Pathetischer Originalton Blume: »Treten wir jenen entgegen, die hass- und Verschwörungstheorien verbreiten und Andersdenkende bedrohen. Treten wir für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte ein, wie sie die Söhne Mannheims und Xavier Naidoo zum 50. Jahrestag von Amnesty international in ihrem neuen Song besingen ›Freiheit‹«. Auf diese Weise gelingt es ihm immer wieder, einer sachlichen Diskussion auszuweichen und die meisten seiner Leser an der Nase herumzuführen.

Die Berichte in der Stuttgarter Zeitung und der ›Steckbrief‹ auf der Website Nürnberg 2.0 sind allerdings Schnee von gestern: Was in Blumes herzergreifender Klageschrift fehlt, ist ein plausibler Hinweis auf einen aktuellen Anlass, der ihn so aus der Reserve gelockt hat, dass er sich zu einer geschönten Gegendarstellung genötigt sah. Da die Snowden-Enthüllungen als Aufhänger grotesk bzw. nur vorgeschoben sind, kann dieser Anlass nur mein bereits eingangs zitierter Beitrag »Von Kritikern, Weißwäschern und Weichspülern des Islam II« sein, den ich im April 2013 in der Rubrik »Übergrößen« veröffentlicht habe. Blume wird nicht entgangen sein, dass in den letzten Monaten eine nicht unerhebliche Zahl von Internetusern (womöglich auch aus seinem privaten und beruflichen Umfeld) auf meinen Artikel aufmerksam geworden ist. Seine Klageschrift über den bösen Überwachungsstaat, der angeblich über Nacht die Jagd auf einen ahnungslosen unbescholtenen Bürger freigegeben hatte, lesen wir daher am besten als eine ausschweifende vor Selbstgerechtigkeit und Selbstmitleid triefende Gegendarstellung zu meinen Artikel. Geschrieben von einem Blogger, der sich zwar selbst als »Musterbeispiel eines anständigen Bürgers« sieht, es aber – wie gezeigt – faustdick hinter den Ohren hat und es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, wenn es um seine Selbstvermarktung und Karriere geht. Und genau darum geht es im überwiegenden Teil seiner zahllosen Blogposts! Blume selbst sieht das natürlich anders, er begründet seine inflationäre Internetpräsenz u. a. damit, dass er sich als offensiv beschützender Hirte islamischer oder ethnischer Minderheiten sieht, deren Identität sich in der westlichen Mehrheitsgesellschaft nicht entfalten könne und deren Integration dadurch erschwert oder verhindert würde.4)

Blume ist es in seiner Klageschrift gelungen, die damaligen – aus rechtsstaatlicher und demokratischer Perspektive ziemlich unspektakulären – ›Vorfälle‹ als überwachungsstaatlich inszenierte Hexenjagd auf einen ahnungslosen Bürger darzustellen. Man könnte auch sagen, ein B-Internetpromi möchte seine Bedeutsamkeit damit erhöhen, dass er einmal ins Visier des Verfassungsschutzes geraten ist. Tatsächlich ist er für seinen – die Bedrohung von Bürgerrechten durch den totalen Überwachungsstaat exemplarisch oder besser gesagt theatralisch dokumentierenden – Blogpost selbst von Kommentatoren, die ihm bisher eher gleichgültig oder sogar kritisch gegenüberstanden, über den Klee gelobt sowie mit Respekt und Mitgefühl (auch für seine damals junge Familie…) überschüttet worden5). Von soviel Beifall und Zustimmung sowie rekordverdächtig hohe Zugriffszahlen berauscht, hat er im Verlauf der Diskussion jedes Maß bezüglich der Bedeutung seines Blogposts für den Schutz von Bürgerrechten verloren. Als ihm gar ein Bundvorstand der Piratenpartei Hochachtung zollte, rief er ihm: »Wenn Ihre Rechte zertrümmert werden, werde ich auch ich nicht mehr sicher sein – und umgekehrt.« An anderer Stelle erklärte er enthusiastisch: »Am Ende geht es um die Freiheit aller...«. Der Schriftsteller Peter Maiwald bemerkte einmal die Illusion der Aufklärung zerstörend: »Das Bewundernswerte an der Dummheit ist ihre Energie.« Blume scheint mir ein beeindruckendes Beispiel dafür zu sein. Er ist fest davon überzeugt, in der Tradition der humanistischen Aufklärung zu stehen, agiert aber als ein gewiefter Karrierist, der im vorliegenden Fall Ruhm dafür erntet, indem er sich zum ahnungslosen Opfer »aus dem Ruder laufender Sicherheitsapparate« stilisiert.

Resümee: Blume war kein Opfer eines ausufernden Sicherdienstes, sondern ein ›Opfer‹ seines allzu umtriebigen und naiven die schleichende Islamisierung Deutschland befördernden Umgangs mit Islamisten und islamistischen Ideologien. Und genau dieser Umstand rief den in Islamfragen ausgesprochen kompetenten baden-württembergischen Verfassungsschutz auf den Plan und zwar erst dann als Blume an sensibler Stelle in den Staatsdienst geholt wurde. Kurzum, ein völlig normaler und rechtsstaatlich einwandfreier Vorgang, der mit den Enthüllungen des Whistleblower oder Geheimnisverräter Snowden über den totalen Überwachungsstaat nichts aber auch gar nichts zu tun hat6).

II. Hauptstück – Die ›Gegendarstellung‹ des ›bösen‹ Journalisten Rainer Wehaus von den Stuttgarter Nachrichten

Bereits zwei Wochen nach dem Einstellen seiner Klageschrift auf seinem SciLogs-Blog konnte Blume über 50.000 Leserzugriffe verbuchen. Sein Ziel wieder die Initiative und Oberhand im öffentlichen Diskurs über die damaligen Vorfälle zu gewinnen, schien er damit mehr als erreicht zu haben. Wenn sich da nicht – unerwartet wie eine Stimme aus dem Off – der ›böse Journalist‹ von damals mit einem gepfefferten Kommentar zu Wort gemeldet und ihm die fette Suppe kräftig versalzen hätte…

Kommentar vom 22.07.2013, 16:25 Uhr

Sehr geehrter Herr Blume,

hier spricht der böse Journalist, der Ihnen den Karrierestart erschwerte. Das tut mir noch heute leid, aber es ging nicht anders.

Erinnern Sie sich noch, wie Sie mir damals am Telefon unter Hinweis auf Frau und Kind ausreden wollten, dass ich über den Vorgang berichte? Tja, ging leider nicht, ich musste und muss meinen Job tun: Schreiben, was ist. Und nicht nur das schreiben, was die Betroffenen gerne über sich lesen würden. Insofern habe ich Ihre Ausführungen über Qualitätsjournalismus, wie Sie ihn verstehen, mit Amüsement gelesen.

Ihnen hat's ja unterm Strich nicht geschadet, Sie sind ja mittlerweile zum Stabstellenleiter aufgestiegen. Und wie ich sehe, geben Sie immer noch die verfolgte Unschuld, benutzen diesen Vorgang dazu, um immer mal wieder eine kleine Mitleidswelle zu inszenieren, auf der Sie dann gekonnt surfen - Respekt!

Ich will Sie von Ihrer Selbstinszenierung gar nicht lange abhalten. Unten habe ich beide Artikel angehängt, die ich über Sie geschrieben habe. Dann kann sich jeder ein Urteil bilden. Im zweiten Artikel kommt übrigens die Islamexpertin Spuler-Stegemann zu Wort - die gehört aus Ihrer Sicht sicher auch zur dunklen Seite der Macht.

Ausdrücklich widersprechen will ich nur dem einen Absatz über unser Telefonat:

Sie schreiben:

»Ich werde nie den Anruf eines Journalisten von den ›Stuttgarter Nachrichten‹ vergessen, in dem mich dieser allen Ernstes fragte, ob ich ihm denn ›beweisen‹ könne, Christ zu sein – schließlich sei ich ›doch mit einer Muslimin verheiratet‹. Ob ich nicht zugeben wolle, ›heimlich konvertiert‹ und in die Landesverwaltung ›eingeschleust worden‹ zu sein? Ob ich denn ›ausschließen könne‹, dass ein muslimischer Freund ›Mitglied bei Milli Görüs war oder noch ist?‹ (War er nie - aber da schlucken Sie erst mal...) Ob meine Frau eigentlich Kopftuch trägt? (Nein. Und wenn?)«

Das ist meiner Erinnerung nach alles erstunken und erlogen, was Sie da behaupten, lieber Herr Blume. So stellen Sie sich vielleicht in Ihrer Erinnerung einen bösen Journalisten vor, dass der fragt: Können Sie beweisen, dass Sie Christ sind? Sagen Sie sofort und unfallfrei das Vaterunser auf!

Solche Journalisten kommen nicht einmal in klischeebeladenen Vorabendserien vor, da hat Ihnen Ihr Hang zur Selbstgefälligkeit mal wieder einen Streich gespielt.

Im Übrigen ist nichts von dem im Artikel enthalten - außer dem Hinweis auf Ihre türkische Frau. Insofern versuchen Sie offenkundig, mit diesem Anekdötchen, das Sie sich wie so viele zu Recht gebogen haben, vom Kern der Sache abzulenken.

Wissen Sie was? Ich dachte eigentlich, Sie hätten aus der Sache was gelernt. Immerhin sind Sie jetzt zehn Jahre lang kaum mehr negativ aufgefallen. Dann hätte mein Artikel das bewirkt, was kritische Berichterstattung bewirken soll. Aber dieser Blogeintrag ist ein Rückschlag, Sie sollten wirklich noch etwas selbstkritischer werden.

Und dann das Ganze noch mit der Ausspähaffäre in Verbindung zu bringen - Respekt! Die Mail, mit der Sie sich selbst in Schwierigkeiten gebracht haben, war eine Art Rundmail an alle, die bei Ihrer Doktorarbeit [tatsächlich handelte es sich um seine Magisterarbeit, G.M.] mitgemacht haben. Die hatte eine so große Verbreitung, die kann dann auch mal bei einem Journalisten landen. Also kein Ausspähen, Abhören eines einzelnen guten Menschen. Sie haben einfach nur einen Fehler gemacht. Mindestens einen. Aber das einzugestehen, wäre ja langweilig, dann könnte man nicht so schöne Weltverbesserungskommentare schreiben.

So, hier folgen nun die Artikel. [siehe Anhang, G.M.]

Weiterhin gutes Lamentieren

wünscht Ihnen

Rainer Wehaus

Der Journalist Rainer Wehaus von den Stuttgarter Nachrichten bestätigt mit seiner spöttelnden ›Gegendarstellung‹ und den beigefügten Zeitungsartikeln, dass Blume 2003 nicht ein ahnungsloses Opfer einer geheimen Ausspähaktion war, sondern bei seiner Einstellung in den Staatsdienst an sensibler Stelle aufgrund vorliegender Verdachtsmomente routinemäßig vom Verfassungsschutz überprüft wurde. Auffällig war Blume durch seine im Internet veröffentlichte Magisterarbeit über die ›neue islamische Elite‹ und eine dubiose Rundmail geworden. Um in deren Besitz zu kommen, musste man, wie Wehaus in einem Kommentar ironisch bemerkt, »wirklich nicht schnüffeln«. Die Mail hatte Blume euphorisch an alle Interviewpartner seiner Magisterarbeit geschickt hat, nachdem er vom CDU-Demokraten Christoph Palmer zum Islam-Berater ernannt wurde. In ihr verkündet Blume seinen ›lieben Freunden‹ stolz, eine neue Stelle in der Regierungszentrale angetreten zu haben, in der er weiter für »eine faire Bewertung des Islam« eintreten wolle. Eine Vorstellung, vor der es dem Verfassungsschutz auch deshalb grauste, weil Blume in der Mail vom regen Austausch mit einem Islamisten mit Decknamen »ferramis« schwärmt, ein Austausch »der – so Gott es erlaubt – nicht abreißen soll«. Der Verfassungsschutz kritisierte, dass Blume damit genau die Art des Dialoges mit Islamisten befürworte, vor der er seit Jahren gewarnt habe, weil solche Art der Kontakte die radikalen Kräfte stärken. Laut Wehaus hat nicht der Verfassungsschutz die Mail abgefangen, sondern einer von Blumes »lieben Freunde« sie dem Verfassungsschutz und später auch Stuttgarter Nachrichten zugespielt. Blumes von Selbstmitleid und Selbstgerechtigkeit triefende Version, dass der Verfassungsschutz ihn und seine Mails heimlich ausspioniert und die Presse mit Informationen gespickt hätte, entpuppt sich damit als mitleidheischende Verschwörungstheorie, wenn nicht sogar als dreiste Lügengeschichte. Im Übrigen fragt sich, warum Blume 2003, wenn er denn begründete Zweifel an der journalistischen Berichterstattung der ›Vorfälle‹ in der Stuttgarter Nachrichten gehabt oder wenn er sich vom Verfassungsschutz massiv in seinen Grundrechten verletzt gesehen hätte, nicht presserechtlich oder juristisch dagegen vorgegangen ist?

Laut Wehaus mag dies daran liegen, dass er zwar öffentlich von der Landesregierung freigesprochen, aber intern angewiesen wurde, sich etwas zurück zunehmen: »Soweit ich mich erinnere, haben Ihre Vorgesetzten im Staatsministerium Sie damals zwar öffentlich verteidigt (Ehrensache! Korpsgeist!), zugleich aber intern Ihnen klargemacht, dass Sie in der Tat besser als Islam-Berater der Regierung keinen Kontakt mehr zu Islamisten pflegen. So hat man es mir damals in Regierungskreisen erzählt.« Auch dieser Version hat Blume im Schlagabtausch mit Wehaus auf seinem Blog nicht widersprochen. Stattdessen wiederholt er irritationsresistent, dass der Verfassungsschutz damals ein antidemokratisches Eigenleben entwickelt und ohne rechtliche Handhabe gegen einen unschuldigen Bürger ermittelt hätte. Wehaus bemerkt dazu provokant: »Ich wusste gar nicht, dass Sie sich Konkurrenz zum Landesamt für Verfassungsschutz sehen. Haben sie dafür einen gesetzlichen Auftrag? Das LfV hat jedenfalls einen (…).« Blume hat natürlich keinen gesetzlichen Auftrag und sieht sich wohl in Tradition jener ›Wutbürger‹, die sich das Recht vorbehalten, die Legitimität ihnen missliebiger (also in diesem Fall seine Karriere behindernde) Teile des Rechtsstaates Staates anzuzweifeln. Trotzdem fragt sich, warum er sich – einmal abgesehen von meinem Blume provozierenden Beitrag – gerade jetzt traut, sich mit seiner massiven Schelte gegen den Verfassungsschutz an die Öffentlichkeit wendet. Einerseits haben ihm zwar die Angriffe viel Lob und Respekt von Lesern eingebracht, die wohl seit den NSA-Enthüllungen fürchten, selbst Opfer geheimdienstlicher Ausspähprogramme zu sein; andererseits ist er auch 10 Jahre nach den Vorfällen als Referatsleiter im Staatsministerium der Loyalität gegenüber seinem Dienstherrn und anderen Behörden der Landesregierung (also auch dem Verfassungsschutz) verpflichtet. Nach meiner Einschätzung wird ein Schuh daraus, wenn wir berücksichtigen, dass es 2011 einen grün-roten Regierungswechsel gab, also hin zu Parteien, die sich traditionell mit Geheimdiensten eher schwer tun. Das Risiko, dass sein massives Nachtreten disziplinarische Konsequenzen haben könnte, schien dem Landesbeamten Blume daher wohl überschaubar oder vernachlässigbar7).

Blume zieht im Kommentarbereich seiner Klageschrift alle Register, um eine kritische Diskussion abzuwürgen und davon abzulenken, dass der Journalist Wehaus 2003 über die Angelegenheit berichten musste, weil sie von öffentlichem Interesse war und alles andere Zensur gewesen wäre. Bereits in seinem Blogpost über seine angeblich erlebten ›Schattenkriege‹ hatte er voller Selbstmitleid geschrieben, dass der Leser sich sicher vorstellen könnte, wie negativ sich die Vorfälle auf ihn (›ich lag manche Nacht wach‹) und seine Familie ausgewirkt hätten. In einem Kommentar an Wehaus ergänzt er: »Haben Sie wirklich keinen Moment daran gedacht, was Sie damit [mit der Berichterstattung in den Stuttgarter Nachrichten, G.M.] einer jungen Familie antaten?« Wehaus kontert souverän, Blumes fragwürdiges Verständnis von Demokratie und Pressefreiheit entlarvend: »Welches Verständnis von freier Presse und Demokratie Sie in Wirklichkeit haben, zeigt sich auch darin, dass Sie Ihre Familie für Ihre Zwecke instrumentalisieren. Ich habe es in all den Jahren als Journalist nur bei Ihnen erlebt, dass mir jemand mit Hinweis auf seine Familie eine Berichterstattung ausreden wollte. Deshalb konnte ich mir das ganz gut merken. Ich habe selbst zwei Kinder, käme aber nie auf die Idee, sie im Streit um meine Arbeit als menschliche Schutzschilde zu gebrauchen.« Wehaus bestätigt meine Einschätzung, dass Blume keine Skrupel kennt, sein gesamtes privates Umfeld zu instrumentalisierend, Eckpfeiler der demokratischen Gesellschaft auszuhebeln, wenn es denn für die Beförderung seiner Karriere hilfreich ist.

Natürlich setzt Blume auch die Nazi-Keule ein, um eine sachliche Auseinandersetzung zu torpedieren und Wehaus in die Defensive zu drängen. So behauptet er, dass die einzige Zeitung, die Wehaus‘ Recherchen übernommen habe, die rechtskonservative »Junge Freiheit« gewesen sei. Daran anknüpfend fragt er provozierend: »Haben die Ihnen dafür wenigstens Honorar überwiesen oder läuft so etwas unter Freundschaftsdiensten? Bestimmt waren Sie so richtig stolz…« Und fügt die Anwürfe bewusst auf die Spitze treibend hinzu: »Niemand hat Sie gezwungen, mich und meine Familie mit braunen Schlamm zu attackieren (…)«8).Wehaus antwortet Blumes Argumentation analysierend: »(...), was ich an Ihrer Argumentation wirklich bedenklich finde, ist, dass Sie partout nicht sachlich bleiben können. Das war schon bei unserem ersten Telefonat so, als Sie nicht etwa versuchten Vorwürfen gelassen und sachlich zu begegnen. Schließlich ist die Art, wie man mit Muslimen bzw. dem Islam umgehen soll, ja durchaus eine Debatte wert. Selten haben wir so viele Leserbriefe bekommen wie auf den Artikel über Sie. Andere Zeitungen (nicht nur die Junge Freiheit) haben es aufgegriffen. Wie Sie selbst erwähnten, war es sogar kurz Thema im Landtag. – Aber nein, Sie gingen damals gleich in den Angriffs- und Opfermodus, was in Ihrer Bemerkung gipfelte, das Ganze erinnere Sie an die Kommunistenhatz in Amerika. Inzwischen haben Sie sich diesbezüglich ein bisschen gesteigert, jetzt schwingen Sie beifallheischend gleich die Nazi-Keule, Kritik an Ihren Ansichten ist demnach ›brauner Schlamm‹. Eigentlich sind es in der Regel Linke, die die Nummer bringen, aber gut, Sie haben jetzt einen grünen Dienstherrn, da kommt das vielleicht ganz gut. – De facto versuchen sie natürlich, auf diese Art alle Kritiker von Ihnen mundtot zu machen. Undemokratischer geht es kaum mehr. Was richtig und gut ist, das bestimmen Sie – sogar vom Journalismus und von der Verfassungsschutzarbeit verstehen Sie mir als die den Job machen. Wer widerspricht, ist ein Nazi.« Dieser klaren Ansage des Journalisten Wehaus ist nichts hinzuzufügen!

III. Hauptstück – SPIEGEL ONLINE käut anlässlich der NSA-Enthüllungen Blumes herzergreifende Klageschrift wieder

Der 31.Juli 2013 war wohl ein Tag, an dem Blume sein Glück kaum fassen konnte. Eine Woche nachdem der Redakteur Wehaus mit seiner spöttelnden ›Gegendarstellung‹ und seinen Kommentaren massive Zweifel am Wahrheitsgehalt der Klageschrift geschürt hatte, griff SPIEGEL ONLINE (SPON) Blumes Blogpost in einem Artikel auf. Darin wird anlässlich der NSA-Enthüllungen die steile These nachgebetet, dass Blume als unbescholtener, konservativer Bürger schon vor 10 Jahren Opfer einer Ausspähaffäre gewesen sei. Verzückter Originalton Blume in den Kommentarspalten seines Blogs: »Liebe alle, nun hat auch der SPIEGEL ONLINE die Geschichte aufgegriffen. (...).« Der für den SPON-Artikel verantwortliche Redakteur Mathias Hamann schreibt mitfühlend, um die existenzielle Bedrohlichkeit der Internet-Spähprogramme für den Normalbürger zu veranschaulichen: »Eine falsch gedeutete E-Mail reichte, um ihn zum Islamistenfreund zu stempeln. Noch heute leidet Blume unter Folgen.« Damit dies glaubwürdig ist, lässt Hamann systematisch alle Fakten weg, die gegen Blumes Ausspäh-Version sprechen, käut dessen wehleidige Darstellung der Geschichte wieder und befragt alibimäßig den baden-württembergischen Verfassungsschutz, den ehemaligen Minister Palmer und den Redakteur Wehaus. Dem Leser wird vorenthalten: Wie der Verfassungsschutz und Wehaus an die E-Mail gekommen sind, nämlich nicht – wie suggeriert wird – durch Ausspähung, sondern weil sie von einem von Blumes sogenannten »lieben Freunden« zuerst dem Verfassungsschutz und dann den Stuttgarter Nachrichten zugespielt wurde. Was genau in Blumes schwärmerischer Rundmail nach seiner Ernennung zum Islam-Berater stand, z. B. dass er sich wünscht – »so Gott es erlaubt«, – dass der Kontakt zu einem Islamisten nicht abreißen soll. Und dass die Marburger Religionswissenschaftlerin und Islamexpertin Ursula Spuler-Stegemann 2003 gegenüber den Stuttgarter Nachrichten kommentiert hatte, dass der Streit um Blume rasch hätte entschärft werden können, »wenn sich Herr Blume zu seinem fatalen Irrtum und Fehler bekannt hätte«. Stattdessen wird im SPON-Artikel auf die Tränendrüse gedrückt (»Rechte Webportale verfassen Dossiers über ihn.«) und Blume zitierend, der Wahn um die Angst vorm Überwachungsstaat angeheizt: »Ein unberechtigter Verdacht kann jeden treffen. (….) Es muss nur eine E-Mail falsch verstanden werden.« Ohne Frage einer der peinlichsten, tendenziösesten und am schlechtesten recherchierten Artikel, den ich auf je SPON gelesen habe!

Nachbemerkung

Blume betont in seiner Klageschrift, dass er die Welt auch als ausgewiesenes »Musterbeispiel eines ›anständigen‹ Bürgers« nicht nur in »rosarot« gesehen hätte: »Die Bilder von den Flugzeugattentaten des 11. September 2001 erreichten mich an der Evangelischen Akademie Bad Boll, in der wir gerade eine Sommerakademie vorbereiteten mit dem Titel ›Christen und Muslime – Gemeinsam Gewalt verhindern‹.«9) Diese Bemerkung soll wohl suggerieren, dass ihm die Gefahr, die von religiösen Extremisten ausgeht, schon frühzeitig bewusst war und statt mit schlagkräftigen Geheimdiensten mit einem intensiven interreligiösen Dialog hätte eingedämmt werden können. Diese Geschichte erzählt er gerne, z. B. auch in seiner Dankesrede als ihm 2010 von der Evangelischen Akademie Villigst der Preis »Vermittlungen« verliehen wurde (siehe dazu auch den Prolog): »Auf unzähligen interreligiösen Tagungen lernte ich bei Ihnen faszinierende Christen, Muslimen, Juden, Anders- und Nichtglaubende und Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Wissenschaften – und damit den Dialog kennen. So weiß wohl jeder von uns noch, wo er oder sie war, als uns die Nachricht von den Terroranschlägen des 11. September 2001 erreichte. Nun, ich war an diesem Tag als junger Vorsitzender einer Christlich-islamischen Gesellschaft in der Evangelischen Akademie Bad Boll, wo wir gerade eine Tagung vorbereiteten mit dem Titel ›Christen und Muslime – Gemeinsam Gewalt verhindern‹. Bis dahin hatten wir fast verzweifelt um Aufmerksamkeit gerungen, hatten vor Gefahren des brodelnden Extremismus gewarnt und uns von vielen klugen Menschen erklären lassen, für einen interreligiösen Dialog gebe es doch gar keinen Bedarf (…)«10). Wohl jeder vernünftige Leser wird angesichts von Blumes Überzeugung, »brodelnden Extremismus« mit interreligiösem Dialog zu begegnen, zu der Einsicht kommen, dass Blume ein einfältiger Schwärmer ist. Interessanterweise hatte auch der Christdemokrat Palmer seinen Zögling Blume laut SPON-Artikel bei der ersten Begegnung als »etwas vergeistigt« in Erinnerung. Das bringt es auf den Punkt, weil es ist indirekt eine Bestätigung dafür ist, dass der Verfassungsschutz Blume 2003 zu Recht als einen naiven Träumer einschätzte, der als Regierungs-Berater ein gefährlich naiver Träumer werden könnte.

Anmerkungen

1) Die Bezeichnung »Schattenkriege« ist schon deshalb völlig unangemessen, weil Blume – nach eigener, diesmal glaubwürdiger Darstellung – einflussreiche Fürsprecher in der eigenen Behörde, der Politik, den religiösen Gemeinden und der Bürgerschaft hatte.

2) Darin wird der Leser anknüpfend an die Vorwürfe aus 2003 und einer unauffälligen Änderung des Impressums seiner persönlichen Homepage darüber informiert, dass der Islamexperte Blume sich zwischenzeitlich zum wichtigsten Fürsprecher der umstrittenen Gülen-Bewegung profiliert hat und offenbar nicht ausreichend zwischen seinem Hauptjob im Staatsdienst und seinen privaten Engagement im christlich-muslimischen Dialog differenziert.

3) Tatsächlich droht die martialisch auftretende Pranger-Website Nürnberg 2.0 niemand Gewalt an, sondern versteht sich als Erfassungsstelle für Personen, die die Islamisierung Deutschland fördern und dabei gegen Inhalt oder Geist des Grundgesetzes verstoßen. Die per ›Steckbrief‹ beschriebenen Personen sollen dafür angeblich zu einem späteren (»geeigneten«) Zeitpunkt in rechtsstaatlichen Verfahren (»tribunalen«) zur Verantwortung gezogen werden. Das ist aber völlig illusorisch.

4) Diese Berufung ist Bestandteil seines Lebenstraumes, als eine Art virtueller Menschenfischer, vom Commonsense fehlgeleitete ›Menschen über den engeren Bereich der Wissenschaft hinaus‹, zu einer ›neuen tieferen Wahrnehmung‹ zu führen. Um das Denken von Menschen zu irritieren, bedarf es aber mehr als eine missionarische und schriftstellerische Begabung sowie eines guten Riechers für wissenschaftliche und gesellschaftliche Trends. Vor allem die Fähigkeit, sich selbst in Frage zu stellen, begründete Kritik anzunehmen und Fehler einzugestehen. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Blume kennt keine Selbstzweifel und ist nicht in der Lage, auch nur das geringste Versäumnis einzugestehen. Bei Zeitgenossen, die sich von ihm nicht blenden lassen, sondern ihm den Spiegel vorhalten, sieht er daher reflexartig Rassisten oder sich vor Missgunst zerreißende Neider seiner Karriere am Werk.

5) Fast alle Leser zollten Blume für seine »sehr nachdenklich machende und authentisch wirkende Stellungnahme« (so ein Kommentator) Lob und Anerkennung. Dank dieser komfortablen Situation konnte er die meisten Antworten mit einer Variante seiner ausgeleierten Lieblingsfloskel ›vielen lieben Dank dafür, das ist sehr ermutigend‹ einleiten: Andrea Schumann (01.08.2013): »Ich freue mich, dass es so mutige Menschen wie sie gibt, die öffentlich machen, welche Bedrohungen die Datensammelwut der Geheimdienste für Bürger und für den demokratischen Staat bedeutet. Ich bewundere ihren Kampfesmut trotz dieser perfiden persönlichen Bedrohung, der sie ausgesetzt waren/sind.« – Antwort Blume: »Lieben Dank, Frau Schumann! Solche Rückmeldungen geben Kraft…«

6) Ausgerechnet der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schilly, der – wie eingangs berichtet – mit der Verleihung einer Urkunde Blumes Karrierestart beförderte (oder befördert haben soll), hat kürzlich in einem Spiegel-Gespräch bemerkt, dass die Furcht vor dem Überwachungsstaat zwischenzeitlich »wahnhafte Züge« trage. Es würde mich nicht wundern, wenn Blume, der seinen Lesern weißmachen will, dass er wegen seines couragierten Eintretens für die Rechte der islamischen Minderheit zu einem frühen Opfer des Überwachungsstaates geworden und ›jeder bedroht‹ ist, die Urkunde nun aus Protest gegen Schillys ›unerträgliche Verharmlosung‹ zurückgeben würde, zumal er sie für seine Karriere nicht mehr braucht und die Aktion Aufhänger eines weiteren populistischen Blogposts sein könnte.

7) Dass Blume keine disziplinarischen Konsequenzen für seine Verfassungsschutzschelte befürchtete, zeigt auch sein koketter Schlusssatz: »So, das musste ich loswerden. Und jetzt mal schauen was passiert…Falls Ihr bald nichts mehr von mir hört, wisst Ihr Bescheid! ;-)«

8) Blume fragt an anderer Stelle Wehaus in die rechte Ecke drängend: »Hat es Sie wirklich nie nachdenklich gemacht, dass ausgerechnet die [rechtskonservative, G.M.] ›Junge Freiheit‹ auf Ihren Zug sprang?« Den Spieß kann man umdrehen und fragen, ob es ihn nicht nachdenklich gemacht, dass ausgerechnet Thilo Sarrazin, der von Blume als Rassist etikettiert wird, seine religionsdemographischen Arbeiten wiederholt zustimmend in seinem Bestseller »Deutschland schafft sich ab« zitiert hat? Und hat er von Sarrazin dafür eine Honorar erhalten oder eingefordert?

9) Um die ungebrochen massive Terrorgefahr, die vom politischen Islam oder islamistischen Extremisten ausgeht (und die sich ja nicht nur gegen ›Ungläubige‹, sondern vor allem auch gegen Muslime selber richtet), zu relativieren, bezieht Blume grundsätzlich Christen oder christlicher Gewalt in die Betrachtung mit ein.

10)Während Blume in der Evangelischen Akademie Bad Boll die Tagung »Christen und Muslime – Gemeinsam Gewalt verhindern« vorbereitete, führten palästinensische Studenten im Innenhof des Evangelischen Studentenwohnheims in Münster vor den entsetzten Augen ihrer christlichen Mitbewohner Freudentänze auf, als sie von den gelungenen Anschlägen des 11. September 2001 erfuhren. Ohne Frage ein anschauliches Indiz dafür, dass Blume ein Schwärmer ist, der sich die Welt des interreligiösen Dialoges hinbiegt und von der Realität nicht irritieren lässt.

Anhang

Artikel 1 - In: Stuttgarter Nachrichten vom 28.07.2003

In Kontakt mit Extremisten? Heftiger Streit um Islam-Berater in Stuttgarter Regierungszentrale. - Staatsminister Palmer hält trotz Bedenken des Verfassungsschutzes an Parteifreund fest

Reicht der Einfluss von Islamisten mittlerweile bis in Baden-Württembergs Regierungszentrale? Diese bange Frage stellt sich der Verfassungsschutz angesichts eines Islam-Beraters, den Staatsminister Christoph Palmer beschäftigt. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Vielleicht hat Herbert Landolin Müller an diesen Spruch gedacht, als er unlängst ein Gespräch in der Regierungszentrale hatte. Der Verfassungsschützer trug seine Bedenken hinsichtlich eines aufstrebenden Christdemokraten vor, den Staatsminister Christoph Palmer (41) vor wenigen Monaten - ohne Verfassungsschutz oder Öffentlichkeit zu informieren - in Teilzeit als Islam-Berater in die Grundsatzabteilung des Staatsministeriums geholt hat.

VON RAINER WEHAUS

Der junge Mann, warnte Müller seine politischen Vorgesetzten, grenze sich nicht ausreichend gegenüber Islamisten ab und übernehme teilweise deren Thesen. Als Beleg führte er die Magisterarbeit des Beraters an, die - zusammen mit anderen Schriftstücken - dem Verfassungsschutz und unserer Zeitung zugespielt wurde und die höchst unterschiedlich beurteilt wird. Während das Werk von den Religionswissenschaftlern der Uni Tübingen im Frühjahr die Bestnote erhielt, wird es vom Verfassungsschutz verrissen. »Das ist keine Wissenschaft, das ist ein Selbstfindungstrip in Sachen Religion«, heißt es dort. Ein Trip, der nicht ungefährlich sei. Allein schon im Titel der Arbeit, in dem von einer »neuen, islamischen Elite« die Rede ist, übernehme der Autor Thesen von Islamisten. Der junge Mann blende die Gefahren, die von oft extremistisch beeinflussten Muslim-Verbänden wie Milli Görüs ausgingen, weit gehend aus. Selbst ausgewiesene Islamisten handle er »völlig unkritisch« ab.

Noch beunruhigender finden die Staatsschützer eine Rundmail des jungen Mannes an jene Muslime, die ihm für sein Werk Rede und Antwort standen. Dort schwärmt er vom »regen Austausch« mit einem Islamisten mit Decknamen »ferramis « - ein Austausch, »der - so Gott erlaubt - nicht abreißen soll«, wie es in der Mail heißt. Der junge Mann verkündet seinen »lieben Freunden« auch stolz seine neue Stelle in der Regierungszentrale, in der er weiter für »eine faire Bewertung des Islam« eintreten wolle. Er hoffe daher, »mit einigen von Euch wieder einmal zusammen wirken zu dürfen«. Eine Vorstellung, vor der es dem Verfassungsschutz graust. Denn von den Gesprächspartnern des Autors hält man dort nicht viel. »Da kommt unsere Kundschaft hoch.« Fazit der Fahnder: Hier werde genau die Art von Dialog mit Muslimen geführt, »vor der wir seit Jahren warnen«. Ein Dialog, der der »schleichenden Islamisierung« unserer Gesellschaft Vorschub leiste.

Im Staatsministerium hörte man sich derlei zwar freundlich an, befand aber nach eigener Überprüfung des Falls, dass man Müllers Bedenken nicht teile. Sie seien, so heißt es dort auf Anfrage unserer Zeitung, »nicht begründet«. Man werde die »fruchtbare Zusammenarbeit« mit dem Berater fortsetzen.

Damit wird einer von höchster Stelle vor den Kopf gestoßen, mit dem sich Baden-Württembergs Regierung sonst gerne schmückt. Mit Müller hat das Land einen der bundesweit führenden Islamismus-Experten in Diensten. Der promovierte Islamwissenschaftler, der in Tunis studiert und in Marokko gearbeitet hat, leitet beim Landesamt für Verfassungsschutz die Kompetenzgruppe Islamismus (KGI) - eine Einheit, die das Land nach dem 11. September 2001 mit Millionenaufwand ausgebaut hat. 35 Fachleute beschäftigen sich seitdem mit den Gefahren, die von Islamisten für unsere Gesellschaft ausgehen. Doch allmählich beschleicht sie das Gefühl, dass ihre Erkenntnisse zwar bundesweit gefragt sind, der eigene Dienstherr sich aber nur dann dafür interessiert, wenn es ihm politisch passt.

Dass Palmer die Bedenken der Experten, die es eigentlich besser wissen müssten, derart vom Tisch wischt, lässt die Vermutungen sprießen. Schützt er vor allem einen politischen Zögling? Oder will die CDU um jeden Preis muslimische Wähler gewinnen? Sicher ist nur, dass Palmers Verhalten so manchem Verfassungsschützer Motivationsprobleme beschert. »Wofür arbeiten wir hier denn noch?«, empört sich einer. »Dann sollen sie doch die Sicherheitsbehörden abschaffen und warten, bis es wieder kracht.«

Auch Michael Blume ist aufgebracht. Er ist der junge Mann, der die Staatsschützer so beunruhigt. Blume (27) gilt als engagierter Kämpfer für einen Dialog zwischen Christen und Muslimen. 1998 gründete er, der für die CDU im Gemeinderat von Filderstadt sitzt und die Junge Union (JU) im Kreis Esslingen anführt, die Christliche Islamische Gesellschaft (cig), die unter anderem vom Bau einer Begegnungsstätte der Religionen träumt. »Abrahamshaus« nennt sich das Projekt, das Kritiker für »theologischen Humbug« halten, von dem aber Palmer und andere Landespolitiker so begeistert sind, dass Blume im Falle der Realisierung auf Fördergelder des Landes hoffen darf.

Der Protestant Blume ist seit sechs Jahren mit einer Muslima verheiratet, seit kurzem stolzer Vater und versteht nun die Welt nicht mehr: Ausgerechnet er, dem man in manchem islamischem Land wegen seiner Ehe den Kopf abschlagen würde, soll den Islamisten das Wort reden? Ausgerechnet er soll naiv sein und sich von Radikalen »einseifen« lassen, wie man im Verfassungsschutz meint? Nein, Blume fühlt sich missverstanden und verfolgt. Er vermutet türkische »Kemalisten« hinter dem Ganzen, die Muslime streng kontrollieren und in ihre Schranken weisen wollten. Die versuchten nun, mit Hilfe des Verfassungsschutzes und der Presse ihn fertig zu machen. Das erinnere ihn, sagt er, an die Kommunisten-Hatz damals in Amerika.

Von dieser Sicht der Dinge hat Blume offenbar auch seinen Parteifreund Palmer überzeugt. Das Staatsministerium sehe die Gefahr, so heißt es, »dass Herr Blume Opfer einer Kampagne von Gruppierungen ist, denen der interkulturelle und interreligiöse Dialog...politisch nicht genehm ist.«

Das letzte Wort dürfte damit noch nicht gesprochen sein. Der Verfassungsschutz sieht sich durch den Kampagnenvorwurf in seinen Bedenken gegen Blume bestärkt. »Das sind Totschlagargumente, wie sie auch die Islamisten benutzen«, heißt es dort. Und was das Staatsministerium angeht: »Die haben nichts kapiert«, seufzt ein Fahnder. Die Opposition im Landtag will der Regierung nun mit Fragen zusetzen. Denn wenn die Vorwürfe gegen Blume stimmten, so SPD-Extremismusexperte Stephan Braun, »dann ist das ein richtiger Hammer«.

Artikel 2 - In: Stuttgarter Nachrichten vom 04.11.2003

Umstrittener Islam-Berater soll weiter für Palmer arbeiten Staatsminister will Vertrag verlängern - Aussprache mit Verfassungsschutz - Expertin sieht "fatalen Irrtum"

Stuttgart - Der umstrittene Islam-Berater Michael Blume, gegen den das Landesamt für Verfassungsschutz Bedenken vorbrachte, darf voraussichtlich weiter in der baden-württembergischen Regierungszentrale arbeiten

VON RAINER WEHAUS

Staatsminister Christoph Palmer (CDU) scheint entschlossen, den zum Jahresende auslaufenden Zeitvertrag seines Parteifreundes zu verlängern. »Wir sind mit der Arbeit von Herrn Blume sehr zufrieden«, sagte ein Sprecher des Staatsministeriums auf Anfrage unserer Zeitung. Eine Entscheidung über die Beibehaltung der neu geschaffenen Stelle sei aber noch nicht gefallen.

Blume arbeitet seit April (von zu Hause aus und in Teilzeit) der Grundsatzabteilung des Staatsministeriums zu und soll sich unter anderem um einen verstärkten Dialog mit den rund 400 000 Muslimen im Südwesten bemühen. In die Kritik geraten war der 27-Jährige aus Filderstadt, der mit einer Muslima verheiratet ist und sich sehr im christlich-islamischen Dialog engagiert, hauptsächlich wegen seiner Magisterarbeit über eine »neue, islamische Elite« in Deutschland. Nach Ansicht des Verfassungsschutzes blendet Blume darin die Gefahr, die von radikalen, nur vordergründig dialogbereiten Muslimverbänden ausgeht, weitgehend aus. Zudem lässt er relativ unkritisch einen ausgewiesenen Extremisten mit Decknamen »ferramis« zu Wort kommen, mit dem sich Blume, wie er in einer Mail schrieb, auch nach Beendigung seiner Magisterarbeit gerne weiter austauschen wollte. Ein Vorsatz, den er nach eigenem Bekunden dann aber doch nicht umsetzte.

Das Staatsministerium hält die Bedenken des Verfassungsschutzes, die Ende Juli öffentlich wurden, für »nicht begründet«; Blume selbst zeigte sich empört. Inzwischen gab es eine Aussprache. Laut Staatsministerium hat das Gespräch bestätigt, dass in der Einschätzung des christlich-islamischen Dialogs »Übereinstimmung« bestehe. Das Landesamt für Verfassungsschutz, das der Regierung unterstellt ist, will sich zu dem Gespräch nicht äußern.

Die SPD im Landtag beklagt derweil, dass Palmer eine parlamentarische Anfrage zu dem Fall nur ausweichend beantwortet habe. »Im Grunde ist das eine Unverschämtheit«, sagt der SPD-Extremismusexperte Stephan Braun. Der Abgeordnete will nun im Ständigen Ausschuss des Landtags noch einmal nachhaken.

Nach Ansicht der angesehen Islamexpertin Ursula Spuler-Stegemann hätte der Streit um Blume rasch entschärft werden können, »wenn sich Herr Blume zu seinem fatalen Irrtum und Fehler bekannt hätte«. Es sei ein »schlimmer Schlag in das Gesicht der liberalen, integrierten und integrierbaren Muslime«, wenn ein radikaler Demokratiefeind wie »ferramis« als Vertreter einer neuen, islamischen Elite dargestellt werde, so die Marburger Religionswissenschaftlerin gegenüber unserer Zeitung.

Wie auch die Experten vom Verfassungsschutz empfiehlt sie dem Land, wegzukommen vom Dialog mit organisierten Gruppierungen, die oftmals in Deutschland einen strenge Form des Islam durchsetzen wollten - eine Form, »vor der viele Muslime hierher geflohen sind«. Stattdessen müsse die Zusammenarbeit mit säkular eingestellten Muslimen gesucht werden. »Nur dann wird man politisch weiterkommen.« Leider sei die herkömmliche Form des Dialogs schon jahrelang festgefahren, sagt sie und meint mit Blick auf Blume und Palmer: »Wer gibt schon gerne zu, dass er geirrt hat?«

G.M., 25.08.13

 


Verleihung des Preises »Vermittlungen« an Blume

Dr. Michael Blume bei Verleihung des Preises »Vermittlungen« zum 60. Jubiläum der Evangelischen Akademie Villigst (2010). Dieser Preis trifft in soweit den Richtigen, als er seine Paraderolle als »Mittler« würdigt. Blume glaubt in seinen interreligiösen Dialogen zwischen den Weltreligionen und in seinen interdisziplinären Arbeiten zur evolutionären Religionsforschung zwischen Natur- und Kulturwissenschaft zu vermitteln. Er ist von seiner Rolle als Mittler so beseelt, dass er auch dort Brücken baut, wo es gar keinen Fluss gibt, oder wenn es einen gibt, in Mitte statt an einem Ufer mit den Bauarbeiten beginnt.

Z. B. überträgt Blume evolutionstheoretische Überlegungen (Variation, Selektion, Vererbung) auf komplexe gesellschaftliche Prozesse. Deshalb habe ich ihn wiederholt gefragt, auf welche gesellschaftlichen Grundannahmen sich seine interdisziplinären Studien zur evolutionären Religionsforschung eigentlich stützen und wenn eine der eingangs genannten Evolutions-Prinzipien in sozialen Gemeinschaften außer Kraft gesetzt ist, welche Evolutionstheorie seinen Arbeiten eigentlich zu Grunde liegt. Bis heute habe ich nur ausweichende Antworten zu diesen Fragen erhalten.


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