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Faszination Körper oder faschistische Ästhetik? - Teil I
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Links: Dokumentation ritueller nackter Ursprünglichkeit oder Inszenierung einer
SS-Leibstandarte auf afrikanisch? (Foto: Leni Riefenstahl): Rechts: Provokative
Modefotografie oder sexistisch-faschistoide Propaganda? (Foto: Helmut Newton)
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Diese beiden Fotografien scheinen abgesehen von der Dreierkonstellation der abgebildeten Subjekte
und den beiden knackigen Hintern, die dem Betrachter zugewandt sind, nicht viel zu verbinden.
Vom Motiv her – links rituelle ursprüngliche Nacktheit vor einem verschwommenen natürlichen
Hintergrund, rechts gestochen scharfe, modefotografisch inszenierte voyeuristische Nacktheit
in einem barocken Salon – könnte sie unterschiedlicher kaum sein. Und doch verbindet diese
beiden Bilder mehr als man auf dem ersten Blick vermuten könnte. Das linke Bild »Liebestanz
von drei Nuba-Frauen« stammt von der Filmemacherin und Fotografin Leni Riefenstahl. Sie
gilt als begnadete Künstlerin, die allerdings mit einem Makel behaftet ist, weil ihre
Karriere eng mit dem Aufstieg des nationalsozialistischen Terrorregimes verknüpft ist.
Das rechte Bild »Zwei paar Beine in schwarzen Strümpfen« stammt von dem Fotokünstler
Helmut Newton. Auch er gilt als großer Künstler, der allerdings aus Nazideutschland
fliehen musste. Seine Karriere, die nach dem Krieg in Australien begann, ist eng mit
der von ihm initiierten Pornographisierung der Modefotografie verbunden.
Sowohl Riefenstahl als auch Newton haben ihre Filme bzw. Bilder in großen Auflagen
vermarktet. Beide befriedigen also gesellschaftliche Bedürfnisse. (Auf welchem
künstlerischen Niveau sie das tun, darüber wird noch hier zu diskutieren sein). Und
beiden Künstlern hat die Leihmutter aller Frauenbeauftragten und Initiatorin der
PorNo-Kampagne Alice Schwarzer in ihrer feministischen Hauspostille EMMA eine vom
Titel her ähnlich lautende Story gewidmet. »Helmut Newton: Kunst oder faschistoide
Propaganda« (6/1993) und »Leni Riefenstahl: Propagandistin oder Künstlerin« (1/1999).
Darin kommt sie zu völlig unterschiedlichen Bewertungen. Gegen Newton fährt Schwarzer
schweres Geschütz auf, in dem sie seine Fotografien als sexistisch, rassistisch und
faschistoid bezeichnet. Newton, der deutsch-jüdischer Herkunft ist und vor den Nazis
fliehen musste, sei von der Opfer- zur Täterseite gewechselt. Die Naziikone Riefenstahl
verklärt Schwarzer dagegen zu einem naiven Opfer eines »nationalsozialistischen
Zwischenspiels« und stilisiert sie zu einem frühen Idol der »Frauen- und Ökobewegung«.
Nach ihrer »restlosen ›Entnazifizierung‹« sei sie nach dem Krieg zu unrecht an den Pranger
gestellt und ihre »Verfolgung« sei vor allem in Deutschland zu einer »Hexenjagd«
geworden, die bis heute andauere.
Schauen wir uns Leben und Lebenswerk der beiden umstrittenen Künstler und Schwarzers
Argumentation, mit der sie die Eine verklärt und den Anderen ächtet, einmal näher an:
Leni Riefenstahl - Eine der innovativsten Persönlichkeiten der Film- und
eine der ignorantesten Personen der Zeitgeschichte [1]
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Links: Riefenstahl bei Dreharbeiten zu ihrem Film »Tiefland« im Karwendelgebirge.
Erstmals arbeitete sie bereits 1934 an dem Projekt. Durch ihre Erkrankung und den Kriegsausbruch
konnten die aufwendigen Dreharbeiten erst 1944 abgeschlossen werden. Rechts: Selbstportrait mit Leica-Kamera (1939)
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Leni Riefenstahl (1902-2003) begann ihre Karriere in den 1920er Jahren nach intensiver
Tanzausbildung (die sie gegen den Willen ihres Vaters durchsetzte) als Ausdruckstänzerin.
Ihre ambitionierte Karriere als Solo-Tänzerin, die ihr Auftritte in Berlin und München
und schließlich sogar in Europa verschaffte, endete 1924 abrupt nach einer Knieverletzung.
Im selben Jahr entdeckt sie zufällig das Filmplakat »Der Berg des Schicksals« des Freiburger
Regisseurs Dr. Arnold Fanck [2]: »Dieser Film mit seiner imposanten neuen Bildsprache von
Naturschönheit, Naturgewalten und dem Kampf des Menschen beeindruckt die 22-jährige
Leni Riefenstahl so stark, daß sie nun ihre ganze Energie und Leidenschaft daransetzt,
diese für sie völlig neue Welt kennenzulernen.« Nach einem Aufenthalt in den Dolomiten,
der ihren Entschluss stärkte, an Bergfilmen mitzuwirken, gelang es ihr in Berlin den
Regisseur Fanck kennenzulernen. Daraus erwuchs eine fruchtbare Zusammenarbeit, die in
dem Film »Der heilige Berg« gipfelte, den Fanck für sie geschrieben hatte und in dem
sie die Hauptrolle spielte. Mit ihrer »erotisch-sportiven Präsenz« verhalf Riefenstahl,
die eine schöne selbstbewusste junge Frau war, dem Bergfilm zu neuer Attraktion. Dieser
Film festigte nicht nur ihre Entscheidung, ihr zukünftiges Leben der Schauspielerei zu
widmen, sondern sie sammelte bereits damals erste Regie-, Bildschnitt- und Produktionserfahrung.
Ihren Durchbruch als Regisseurin hatte sie mit dem 1932 uraufgeführten Film »Das blaue Licht«,
in dem sie Regie führte und als zerlumpt verführerisches Schäfermädchen Junta auch die
Hauptrolle spielte 1). Der Film handelt von einer bei Vollmond magisch aufleuchtenden
Schatzspalte unterhalb eines Berggipfels, deren Zugang nur die in einer Hütte im Wald
lebende Junta kennt, und »die italienischen Alpendörflern im Luis-Trenker-Stil den Verstand
und die Idylle raubt« [3]. Tiefergründig betrachtet lässt sich die magische Berghöhle unschwer
als Vagina deuten, die schließlich von eindringenden Männern ausgeraubt und entzaubert wird [4].
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Riefenstahl als Darstellerin in den Bergfilmdramen »Die weiße
Hölle des Piz Palü« (1929) und »Der weiße Rausch. Neue Wunder
des Schneeschuhs« (1930-1931). Beide Filme wurden unter der
Regie von Arnold Fanck gedreht.
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Während der Dreharbeiten zu diesem Film hatte Riefenstahl Hitlers »Mein Kampf« gelesen
und war davon so begeistert, dass sie Anfang 1932 erstmals eine Parteiveranstaltung der
NSDAP im Berliner Sportpalast besuchte, auf der Hitler redete [5]: »Ich war fassungslos
zu erleben, welche ungeheure hypnotische Macht Hitler auf seine Zuschauer ausübte, wie ein
Hypnotiseur, der alle verzauberte und in seinen Bann schlug. Es war unheimlich, und der
Funke sprang auch auf mich über. Es war diese seltsam erregende Ausstrahlung, die nicht
nur von ihm selbst ausging, sondern auch aus der Verbindung Redner-Publikum.« 2) Danach
nahm sie zu Hitler Kontakt auf, der – wie sich zu ihrer Überraschung herausstellte – ebenfalls
von ihr als Tänzerin, Schauspielerin und Filmregisseurin angetan war. »Ihr Tanz an das Meer«
im Film der »Heilige Berg« sei »das Schönste«, was er je gesehen habe. Auf einem schicksalhaften
gemeinsamen Spaziergang am Nordseestrand versprach er ihr, dass sie seine Filme machen sollte,
sobald er Reichskanzler sein werde. Riefenstahl lehnte nach eigener Darstellung das überraschende
Angebot Hitlers kokett ab [4]: »Nein, mein Führer, das werde ich nicht tun, ich kann nur das
machen, was aus meinen Inneren wächst, wonach ich Sehnsucht habe. Auftragsfilme kann ich nicht
machen«. Hitler soll auf die etwas ablehnende Reaktion mit der Bemerkung reagiert haben »wenn
sie einmal reifer und älter und sei, verstände sie vielleicht seine Ideen besser«. Und Hitler
behielt recht, denn die ›schicksalhafte Begegnung‹ zwischen diesen beiden »Asketen des Willens« [4],
die ihr Leben ihrem Werk gewidmet hatten, war nicht nur der Beginn einer schwärmerischen Beziehung,
sondern auch einer verhängnisvollen Zusammenarbeit3). Hitler wurde zum Reichskanzler ernannt und
Riefenstahls weitere Karriere als Regisseurin wurde von ihm persönlich protegiert.
Schon 1933 machte Hitler ihr den Vorschlag, einen Dokumentarfilm über den fünften Reichsparteitag
der NSDAP (den ersten nach der Machtergreifung) in Nürnberg zu drehen. Propagandaminister
Joseph Goebbels, der den Kontakt vermittelte, notierte später in seinem Tagebuch, dass
Riefenstahl begeistert von dem Vorschlag war. Der Film »Sieg des Glaubens« war kein
Dokumentar- sondern ein Reportagefilm, der untermalt mit theatralischer Musik auf die
Emotionen der Zuschauer abzielte, indem er die Begeisterung der Massen zeigte. 1934
beauftragte Hitler sie damit, auch den sechsten Reichsparteitag der NSDAP filmisch zu
dokumentieren. Das Ergebnis »Triumph des Willens« war ein nationalsozialistische Rituale
überhöhender und Hitler als charismatischen Herrscher vergötternder Propagandafilm. Dieser
Film »war nicht ein gleichsam ein »politischer Betriebsunfall, nichts wozu sie gezwungen
worden wäre«[1], sondern der gelungene Versuch ihrer faszinierenden Willenskraft, die beinah
spirituellen Rituale, in denen der Führer mit seiner Energie die Massen verzauberte, mit
modernsten Aufnahmetechniken, einem riesigen Equipment und innovativen Choreographien auf
Zelluloid zu bannen. Solche Bilder konnten nur in einer Diktatur entstehen, in der ein
Volk »um eine mythische, irrationale Führerfigur« [1] zentriert ist, also dort wo
Gleichschaltung und Verschmelzung von politischer und persönlicher Lebenssphäre herrschen
und eine fanatisierte Masse glaubt, durch die Identifikation mit einem Führer den Weltwillen
zu repräsentieren. Zur Verwirklichung eines solchen Filmprojektes bedurfte es folglich einer
Diktatur wie in Hitlers Deutschland oder Stalins Sowjetunion und einer sehr willensstarken
künstlerischen Natur wie Riefenstahl, die zur Beförderung ihrer Karriere keine Skrupel vor
einem (filmisch-ästhetischen) Pakt mit einem Terrorregime hatte.
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Links: Riefenstahl und Hitler beraten 1934 auf dem Reichsparteitagsgelände
über den Ablauf der bevorstehenden Großkundgebung. Die schicksalhafte Begegnung mit Hitler
brachte ihr frühen Ruhm und späte Schande. Sie machte nie einen Hehl daraus, Hitler verfallen zu sein.
Trotzdem war sie wohl keine fanatisierte Nationalsozialistin, sondern eher eine
seelenlose, von ihrer ehrgeizigen künstlerischen Karriere besessene rücksichtslose
Mitläuferin [1]: »(…) sie hat die einfach die Möglichkeit genutzt, ihre Vorstellungen
von einer zweckfreien, kalten Schönheit zu realisieren«. Rechts: Riefenstahl mit
Propagandaminister Goebbels und Hitler, im Hintergrund ihre Mutter und ihre Bruder (1937).
Als das Foto 1949 vom Magazin »Revue« präsentiert wurde, bezeichnete Riefenstahl es
als »alten Hut«, weil es sich um ein arrangiertes Foto handeln würde. In der Weltpresse
kursierten damals Meldungen über einen Krach mit Goebbels, weshalb mit dem Bild eine
Scheinversöhnung vorgetäuscht werden sollte [14]. Das mag zwar zutreffen, aber mit
dieser Abwiegelung gestand sie ein, dass sie sich willig (und an vorderster Front) in
die Propagandamaschinerie der Nazis hat einbinden lassen.
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Der 1934 fertig gestellte Film »Triumph der Willens« hatte Riefenstahl internationale
Anerkennung und ein Höchstmaß an Popularität verschafft. Daraufhin wurde sie 1935
vom deutschen IOC-Mitglied Carl Diem beauftragt, die 1936 in Deutschland stattfindenden
XI. Olympischen Spiele filmisch zu dokumentieren. Die olympischen Gremien selbst waren
damals allerdings schon faschistisch unterwandert. Und so war sie tatsächlich von
Goebbels ausgesucht worden, den Olympia-Film zu drehen. »Ziel war es den Standards
des IOC zu genügen und damit das Ansehen des nationalsozialistischen Deutschlands
durch einen politisch unangreifbaren und ästhetisch beeindruckenden Film zu verbessern« [3].
Um den Eindruck einer staatlichen Auftragsproduktion zu vermeiden, wurde
die »Olympia-Film-GmbH« gegründet, in der neben Riefenstahl auch das Propagandaministerium
Gesellschafter waren. Goebbels stellte für die Produktion, einen opulenten Etat von
insgesamt über 2,8 Millionen Reichsmark zur Verfügung. Gemeinsam mit anderen bekannten
Kameramännern entwickelte Riefenstahl viele filmtechnische Neuerungen, u. a. Unterwasser- und
Schienenkameras. Zu dem riesigen Filmstab gehörten bis zu 170 Mitarbeiter. Aus über 400 km
Aufnahmematerial, das sind rd. 250 Stunden Film, stellte Riefenstahl in fast zwei Jahre
dauernder, harter Sichtungs-, Archivierungs- und Schneidearbeit die beiden Teile des
Olympia-Films »Fest der Schönheit« und »Fest der Völker« fertig. Die Filme feierten
am 20. April 1938 im Ufa-Palast am Berliner Zoo Premiere, genau dort wo ziemlich genau
sechs Jahre zuvor ihr Film »Das blaue Licht« uraufgeführt wurde. Anschließend reiste
Riefenstahl mit ihren Olympia-Filmen durch halb Europa und erhielt erneut diverse nationale
und internationale Auszeichnungen. Sie setzen bis heute Maßstäbe für die Sportberichterstattung
und sogar das professionelle Werbemarketing lässt sich von ihren choreografischen Motiven inspirieren.
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Links: Riefenstahl bei Dreharbeiten zu ihren umstrittenen Olympia-Filmen,
in denen viele filmtechnische Neuerungen wie mobile Kameras eingesetzt wurden. Der Erfolg dieser
Filme ist nicht nur dem Werk einer genialen Künstlerin, sondern auch dem riesigen von den
Nazis bereitgestellten Equipment zu verdanken. Rechts: In ihren Olympia-Filmen setzte Riefenstahl
dem von den Nazis angestrebten ›Ideal des arischen Krieges‹ ein filmisches Denkmal.
Gegen den begehrten ›arischen Körper‹ stand in erster Linie der minderwertige ›jüdische Körper‹.
Den machte sie in ihren Olympia-Filmen so weit möglich unsichtbar und nahm so den Holocaust symbolisch vorweg. [6]
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Die Olympia-Filme waren allerdings mehr als ein moderner Hymnus auf den ästhetisierten
athletischen Körper. Sie verbanden zwar das damals zeitgemäße neoklassizistische
Schönheits- mit dem sportlichen Wettkampfideal, setzten aber zugleich dem vom Nationalsozialismus
angestrebten ›Ideal des arischen Kriegers‹ [6] ein filmisches Denkmal. Wenn Riefenstahl auf
diese ideologische Komponente ihrer Filme angesprochen wurde, reagierte sie mit naiven
Unverständnis und betonte die unvermeidliche Notwendigkeit der Darstellung naturschöner
Menschen [7]: »Schließlich sind die Teilnehmer an Olympischen Spielen alle gesunde Menschen,
sind Elite. Sonst könnten sie keine Medaillen gewinnen.« Für ›naturschöne‹ nichtarische,
also jüdische Körper galt diese Maxime offenbar nicht, denn die hatte sie getreu der
nationalsozialistischen Ideologie soweit möglich unsichtbar gemacht. Zudem gab es zwischen
ihren früheren NS-Propagandafilmen und der Formensprache der Olympia-Filme eine satte
ideologische Verbindung [3]: »Die Verquickung von plattester Propaganda und hochfliegendem
Kunstanspruch, abstrakter Stilisierung und physiologischem Naturalismus, abgehobener
Romantik und berechnender Reportage, von nationalsozialistischer Willens-Ideologie und
technologisch automatisierter Moderne [ihrer NS-Propagandafilme] sollte sich in einem
angeblich wertfreien, übernationalen Sportfilm weiter verfeinern.(…) Die halbtoten
Aufmarsch-Skulpturen der geschichtslosen Uniformreihen und Massenornamente auf den
Parteitagen verwandelten sich in [ihren Olympia-Filmen] in die Großaufnahmen halbnackt
dahinschwebender Wettkämpfer, die als schweißgebadete Projektile des Unbewußten am Himmel
des ewigen Sieges glitten - durch Wasser, in Licht und Luft, über Sand und Asphalt«.
Etwas weniger schwülstig formuliert [9]: »Dank ihrer Begabung gab es einen nationalsozialistischen
Film der formvollendet und ideologisch vorbildlich war.«
Riefenstahl dokumentierte in ihren Olympia-Filmen auch den überragenden Erfolg des
afroamerikanischen Athleten Jesse Owens.
Owens war der mit vier Goldmedaillen erfolgreichste
Sportler der Spiele. Goebbels, den dies sehr ärgerte, hatte vor der Uraufführung in Paris
verlangt, dessen Siege aus dem Film herauszuschneiden. Riefenstahl weigerte sich, weil sie
auf Chancen im US-Filmgeschäft hoffte und aufgrund ihrer bisherigen filmischen Verdienste
für die nationalsozialistische Propagandamaschinerie auf die Rückendeckung Hitlers vertrauen
konnte. Sie selber hat dies später als Beleg dafür angeführt, dass sie »zu keiner Zeit daran
gedacht habe, rassenpolitisch zu arbeiten« [7]. Tatsächlich holte sie die Rassenpolitik der
Nazis, die sie als Hitlers Kulturbotschafterin beschönigte, schon ein halbes Jahr nach der
Uraufführung ihrer Olympiafilme ein. Am 4. November 1938, fünf Tage vor der sogenannten
Reichskristallnacht, geht sie in New York an Land, um ihre Olympia-Filme zu vermarkten.
Sie wird bei ihrer Ankunft von 160 Reportern umringt [3]: »Noch flirtet die Metropole mit
dem Nazi-Glamour der charmanten Teutonin.« (…) »Sie spielt das Image der Partei-Geliebten
und vor allem der Medien-Leib-Frau des Führers voll aus.« (…) »Die Schöne und das
Biest.« (…) »Wer oder was sollten ihr jetzt noch Widerstand entgegensetzen im Land
der unbegrenzten Möglichkeiten?« Doch dann verbreiten sich in Amerika die Nachrichten
von den entsetzlichen Pogromen gegen die Juden im Deutschen Reich. Abrupt dreht sich der
Wind gegen die kokette Nazi-Ikone. Die nun gestärkte Anti-Nazi-League organisiert Boykotts.
Die Reise wird zu einem kommerziellen Desaster, weil sich aus Angst vor wirtschaftlichen
Verlusten niemand mehr traut, auf dem amerikanischen Markt ihre Filme zu zeigen. Sie selber
bringt die Absagen aber nicht mit der nun offen inhumanen Politik der Nationalsozialisten
in Zusammenhang, sondern bezieht sie ganz persönlich auf sich [3]. Offenbar will sie sich
nicht eingestehen, dass sie ihre Hollywood-Träume begraben muss, weil sie mit ihren Filmen
ein Terror-Regime unterstützt, das zunehmend mehr Gräueltaten begeht.
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Links: Schon kurz nach dem Überfall auf Polen bietet sich Riefenstahl
Hitler persönlich als Kriegsberichterstatterin an, um Filmaufnahmen des Feldzuges für
die Wochenschau zu drehen. Kurze Zeit später reist sie mit einem Bestens ausgerüsteten
Filmtrupp an die Front in die polnische Stadt Konskie. Das Bild zeigt sie bestens gelaunt
und von den Soldaten bestaunt bei ihrem Besuch eines deutschen Armeekorpses. Neben der
Uniform eines Filmberichterstatters trägt sie eine der Pistolen, mit denen sie
ihren ›Sonderfilmtrupp Riefenstahl‹ ausgestattet hatte. Rechts: Bereits
am 12. September 1939, zwei Tage nach ihrer Ankunft in Konskie, wird sie Zeuge eines
der ersten Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkrieges. Sie erlebt ein brutales Massaker
von deutschen Soldaten an der jüdischen Bevölkerung. Mindestens 20 Juden sterben, viele
weitere werden schwer verwundet. Auf diesem Schnappschuss eines Amateurs sind ihr das
Entsetzen und der Schock angesichts der willkürlichen Erschießungen ins Gesicht geschrieben.
Nach dem Krieg behauptete sie standhaft, von all den Gräueln nichts gewusst und die Schüsse
nur aus der Ferne gehört zu haben. Von ihrem Schock hat sie sich übrigens schnell erholt,
denn bei der Siegesparade am 06. Oktober 1939 in Warschau war sie wieder mit ihrem Filmtrupp
dabei.
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Nach dem Krieg entdeckt die »professionelle Verdrängerin«[8] »Das Naive als rettende Pose« [9].
Gegenüber dem Verhöroffizier der 7. US-Armee verteidigt sie trotz aller Vorhaltungen
unerschütterlich ihre Position, dass sie nur Künstlerin war und von all den Gräueln der
Auftraggeber ihrer Propagandafilme nichts gewusst habe. Ihre Faszination für das Schöne,
vor allem die Schönheit gesunder und wohlgeformter Körper, blieb ungebrochen. Die Suche
nach einem ästhetischen Arkadien gestaltete sich trotz ihrer Entnazifizierung im wiederaufstrebenden
Nachkriegsdeutschland schwierig. Fasziniert von Hemingways Roman ›Die grünen Hügel Afrikas‹ beschäftigte
sich Mitte der 1950er Jahre intensiver mit dem schwarzen Kontinent. Als mehrere ihrer Filmprojekte
aus finanziellen Gründen scheiterten, entdeckte sie zufällig ein Zeitschriften-Foto, das muskulöse,
mit weißer Asche bestäubte afrikanische Nuba-Ringkämpfer zeigte. Nach ihrer Bruchlandung mit dem
arischen Schönheitsideal war sie nun fasziniert davon, das absolut Schöne und Reine im unberührten
Afrika zu finden 4). Von nun widmete sie ihr fotografisches Werk dem im tiefsten Afrika lebenden Stamm
der Nuba. Auch wenn diese Bilder erheblich weniger konfliktträchtig waren als diejenigen, die sie als
Hitlers ›best press agent‹ machte, wiederholte sich in ihrer Begeisterung für die Rituale der in einem
imaginierten ›naturhaften Urzustand‹ lebenden schwarzen Krieger ihr monumentales ästhetisches Streben.
Die Publizistin Susan Sontag kritisierte, dass ihre Bildreportagen an die »großen Themen der
Nazi-Ideologie« anknüpfen und die Rituale des Kampfes – um die »Erneuerung der geheiligten Vitalität
des Stammes« – und des Todes in den Mittelpunkt rücken würden (zit. nach [4]). Daher »kann kein Brauch
dieses ›Urvolks‹ so grausam, kein Aberglaube so aberwitzig sein, daß Riefenstahl ihn nicht doch
noch (und gerade deshalb) schick findet.«[10] 5). Die banalen inneren und äußeren Konflikte und
die Zerrissenheit des menschlichen Daseins klammert sie dagegen aus. Alte, Kranke, behinderte
Menschen, soziale Nöte, grausame ethnische Konflikte oder Stammeskriege kommen in ihrer
ästhetisch-ethnologischen Foto-Dokumentation nicht vor.
Riefenstahl war ihrem romantischen Motto treu geblieben, das vergänglich Schöne für die Nachwelt
festzuhalten, weil sie das Hässliche nach eigener Darstellung so traurig machte [7]. Wer aber
das Schöne noch schöner macht und die Schwärze ausklammert, schafft keine Kunst, sondern läuft
Gefahr, Kitsch, Propaganda oder eine Mischung aus Beidem zu produzieren. Über solcherlei Kritik
erhaben, sah sie weiterhin nur ihre persönlichen Lasten und Risiken. Im Vorwort ihres
Bildbandes »Die Nuba von Kau« (1976) kommentierte sie: »Ohne den tief in mir verwurzelten
Trieb, dem Ungewöhnlichen und dem Schönen nachzujagen, ohne Rücksicht auf Zeit, Gefahren und
Entbehrungen, wären diese Bilder nie entstanden.« In ihren letzten Lebensjahrzehnten widmete
sich Riefenstahl, die erst als über 70-Jährige den Tauchschein gemacht hatte, der wunderschönen
Unterwasserwelt und verstand sich als Ökoaktivistin. Was Bernhard Grzimek für die Naturwunder
der Seregenti gelang, wollte sie für die Naturwunder der Korallenriffe erreichen. 2002 stellte
sie aus 25 Jahren Unterwasseraufnahmen, die sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten und Kameramann
Horst Kettner gedrehte hatte, den Film »Impressionen unter Wasser« fertig. Der Journalist
Jörg Thomann kommentierte [11]: »Die Aufnahmen sind allesamt atemberaubend. (…) Es gibt, da
ist Riefenstahl sich treu geblieben, nichts Hässliches in diesem Film. (…) Abgesehen von einem
Raubfisch, der sich in einen Tintenfisch verbeißt, herrscht paradiesische Harmonie. (…) Ein Film,
der alles Unschöne ausspart, der sich an der Pracht seiner Bilder berauscht, ohne ihnen auf den
Grund gehen zu wollen, der auch beim tiefsten Tauchgang an der Oberfläche bleibt – ein solcher
Film ist alles andere als dokumentarisch. Leni Riefenstahl zeigt uns eine Wunschwelt, in der sie
selbst sich so inszeniert, wie sie uns in Erinnerung bleiben möchte, in einer Sinfonie ohne Worte,
die ja nur wieder missverstanden werden könnten. Am Ende sehen wir die Taucherin Richtung Meeresoberfläche
gleiten - bis sie im gleißenden Sonnenlicht verschwindet. Man muss nicht wissen, wie alt Leni Riefenstahl
ist, um dieses Bild richtig deuten zu können.« Am 08.09.2003 verstarb sie im Alter von 101 Jahren an
einem Herzstillstand.
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Alice Schwarzer verklärt die Film- und Fotokünstlerin Riefenstahl zu einem Idol der Frauenbewegung
Riefenstahl, die schon zu Lebzeiten eine Legende war, wird bis heute in der Öffentlichkeit
kontrovers diskutiert [4]: »Während sie der einen Seite als begnadete Künstlerin gilt, die
von den Nationalsozialisten missbraucht wurde, so gilt sie den anderen als Inbegriff einer
durch und durch nationalsozialistischen Ästhetik.« Das Niveau der Auseinandersetzung mit
Riefenstahl und ihrem Werk zeigt eine große Spannbreite von oberflächlicher Vereinnahmung
bis tiefgreifender Analyse. Ein »besonders drastisches Beispiel populistischer Apologetik« [4]
findet sich bei der Radikalfeministin und EMMA-Herausgeberin Alice Schwarzer, die ihr 1999
eine Titelstory widmete. Darin verklärt sie Riefenstahl zu einem fast makellosen Filmgenie
und einer zu Unrecht an den Pranger gestellten Kultfigur der Frauen- und Ökobewegung [13]:
»Denn das war einer der Gründe für das Verhängnis der Leni Riefenstahl: ihr Glaube an
die ›reine Kunst‹, an eine von Inhalten losgelöste Form (was heute durchaus wieder Mode
ist. Ohne das mörderische Zwischenspiel des Tausendjährigen Reiches würde die
Riefenstahl-Euphorie heutzutage vermutlich noch viel weiter gehen: Die Regisseurin
gälte uneingeschränkt als das weibliche Filmgenie dieses Jahrhunderts, und ihr früher
Autorenfilm ›Das blaue Licht‹ wäre ein Kultfilm der Frauenbewegung wie der Ökobewegung.
Denn die damals 30-jährige hat die beiden großen Themen dieses Jahrhunderts mit ihrem
Film visionär aufgenommen.«
Die (späte) Riefenstahl-Bewunderin Schwarzer hat für ihren miserabel recherchierten Artikel
viel Kritik und Spott einstecken müssen. Kaum zwei Monate nach seiner Veröffentlichung rief
der Journalist Kay Sokolowsky Schwarzer im linkslastigen Magazin konkret bissig
zur »Frauenschaftsführerin« der »neuen Rechten« aus [14]. Um Schwarzer nicht als ›Dumpfbacke‹
abqualifizieren zu müssen, spöttelte er nachsichtig: »Wider besseres Wissen – das ihr
unterstellt sei, weil sie andernfalls als ignorante Idiotin, die sie nicht ist, noch zu
freundlich apostrophiert wäre – betet Alice Schwarzer jede der Sagen und Lügen nach, die
Riefenstahl seit 45 um sich und ihr Werk verbreitet«.
Dabei hatte Schwarzer Riefenstahl extra in ihrem Anwesen am Starnberger See aufgesucht, um
sich ein möglichst authentisches Bild zu machen. Die flüstert ihr gleich zu Beginn des
Interviews ins Ohr: »Ich möchte auf keinen Fall, dass sie denken, ich wolle mich
rehabilitieren.« Anschließend tischt sie ihr die altbekannten Selbsttäuschungen auf. So
habe sie den Film ›Triumph des Willens‹ (der als bester Propagandafilm aller Zeiten gilt)
weniger aus politischem Interesse als eher in der Hoffnung gedreht, »›nie mehr Filme für
die Partei machen zu müssen‹«. Schwarzer zweifelt nicht an dieser Darstellung und kommentiert
ausgesprochen mitfühlend, dass sie für »die Folgen dieser sträflichen Nativität« auch persönlich
teuer bezahlen wird [13]:
»Riefenstahl wird den braunen Schatten nie mehr loswerden. 70 Jahre Arbeit, davon drei Monate
im Dienste Hitlers - und sie gilt lebenslang als Nazi-Künstlerin. Nach 1945 wurde sie zwar
restlos ›entnazifiziert‹, aber trotzdem an den Pranger gestellt. Die Verfolgung dieser einen
Frau wurde vor allem in Deutschland zu einer Hexenjagd, die bis heute andauert.« Dabei hat
die eine sich nicht mehr – aber auch nicht weniger - zuschulden kommen lassen als Millionen
Deutsche ihrer Generation auch: ihre Faszination für den Führer, ihr Wegsehen bei den Opfern,
ihre Verdrängung.«
Geschichtsklitterung im Reinformat. Riefenstahl arbeitete nicht drei Monate, sondern mindestens
zehn Jahre im Dienste Hitlers. Und diese Arbeit begann nicht erst 1934, sondern schon 1933 mit
dem Propagandafilm »Sieg des Glaubens« über den 5. Reichsparteitag. Den Auftrag dafür hatte sie,
wie Goebbels in seinem Tagebuch berichtet, begeistert angenommen. Ferner hatte sie zwischen 1940
und 1942 etwa 100 Sinti und Roma als Komparsen aus KZ-ähnlichen NS-Sammellagern für ihren
Film »Tiefland« eingesetzt 6). Ohne Frage war dies nur möglich, weil sie beste Verbindungen zu
höchsten Stellen hatte. Vor allem zu Hitlers Sekretär Bormann, der sich z. B. persönlich dafür
einsetzte, dass ihr Devisen für Außendreharbeiten in Spanien zugewiesen wurden, die eigentlich
für kriegswichtige Zwecke vorgesehen waren [15].
Um ihre Leni reinzuwaschen, wärmt Schwarzer sogar die alte Mär auf, dass der Auftrag einen Film
über die Olympischen Filme zu drehen, vom IOC kam. Diese Legende war schon vor der Veröffentlichung
von Goebbels Tagebüchern nicht mehr zu halten. Und schließlich räumte sogar Riefenstahl, die dafür
bekannt ist, die Wahrheit immer nur Häppchenweise zu präsentieren, kurz vor ihrem Tod in einem
Interview ein [7]: »Goebbels selbst hat mich für den Olympiafilm auserkoren (…)«. Zudem muss
Schwarzers Versuch scheitern, Riefenstahl mit den vielen Millionen deutschen Mitläufern ihrer
Generation gleichzustellen: Sie hat einen Pakt mit Hitler eingegangen und hat mit ihren
faschistischen Bilderorgien im Nationalsozialismus nicht nur Karriere gemacht, sondern ihn
auch noch befördert.
Sokolowsky resümiert zynisch[14]: »Den Nationalsozialismus nun aber mal als Zwischenspiel
beiseite lassen, um eine so begabte Nazi-Künstlerin für den Kultur- und Traditionsbestand
der Berliner Republik zu retten, die Ergebenheitsadressen der Riefenstahl an ihren geliebten
Führer als eine der großen platonischen Romanzen des Säkulums anschmachten, um diesem Führer
auch eine menschliche Seite abgewinnen zu können, und jetzt evtl. endlich ein radikalfeministisches
Porträt der armen Eva Braun verfassen ...«. Alice Schwarzer hat Riefenstahl mit dem Ziel
portraitiert, sie in ihr Pantheon von Männern unterdrückter weiblicher Genies aufzunehmen.
Tatsächlich hat sie die Männer für ihre Karriere gleich reihenweise eingespannt [16].
Zu Sokolowsky Vorschlag, sich nun konsequenterweise Eva Braun anzunehmen, hat sie sich bisher
nicht geäußert.
Anmerkungen
1) 1931 heuerte Riefenstahl den Filmpublizisten und Bergfilmenthusiasten
Béla Balázs an, von dem sie wertvolle Hilfe bei der Fertigstellung des Drehbuches
erhielt und der Regie führte, wenn sie selbst vor der Kamera stand. Kurz nach dem
Ende der Dreharbeiten für den Film verlässt Balázs Deutschland, um als Dozent an
einer Filmschule in Moskau zu arbeiten. Als er mitbekommt, dass der Film ein großer
Publikumserfolg wird, verlangt er eine Gage für seine Mitarbeit. Riefenstahl weigerte
sich, ihm eine Gage zu zahlen und ließ ihre Ansprüche rechtlich von dem mit ihr befreundeten,
antisemitischen Propagandisten Julius Streicher vertreten. Da für Balázs als Jude und
Kommunist ab 1933 eine Rückkehr nach Deutschland unmöglich war, konnte er seine (berechtigten)
Ansprüche kaum einklagen. Balázs war übrigens nicht der einzige Mann, der Riefenstahl bei
der Fertigstellung des Films tatkräftig unterstützt hatte [4]: Während der Schnittarbeiten
für den Film bekam sie mehrere ›Nervenanfälle‹, da sie mit dem Ergebnis unzufrieden war.
Ohne die Hilfe ihres Förderers und (Verehrers) Dr. Arnold Fanck hätte sie den Film kaum
fertig stellen können.
2) In ihren Memoiren schildert Riefenstahl die Begegnung mit Hitler noch ekstatischer als
apokalyptische Vision [zitiert nach 4]: »Mir war, als ob sich die Erdoberfläche vor mir
ausbreitete - wie eine Halbkugel, die sich plötzlich in der Mitte spaltet und aus der ein
ungeheurer Wasserstrahl herausgeschleudert wurde, so gewaltig, daß er den Himmel berührte
und die Erde erschütterte«.
3) Hitler bezeichnete Riefenstahl als die »ehrgeizigste Frau«, die er kenne. Eine richtige
Liebesbeziehung zwischen den beiden gab es wohl nicht, weil sich beide zu sehr ihrem Werk
verpflichtet fühlten. Verbürgt ist aber die in dreißiger Jahren kursierende
Scherzfrage »Weißt du, wann Deutschland zwei Führer bekommt?« Antwort: »Wenn Adolf die
Leni heiratet.« [10] Vom Führer einmal abgesehen, mangelte es Riefenstahl nicht an
einem Netz prominenter Männerbekanntschaften [17]: »Ihre Bereitschaft zu immer neuen
Amouren und ihre berechnende Kälte dabei trägt ihr den Spitznamen ›Reichsgletscherspalte‹ ein.«
4) Sie war so besessen von ihrem neuen Projekt, dass sie entsetzt reagierte als sie auf
einer ihrer Expeditionen eine Schule entdeckte. Sie befürchtete, dort kaum Eingeborene
zu finden, die noch ein ursprüngliches Leben führen. Das für Kinder in den ärmsten Ländern
gerade Schulen oft die einzige Hoffnung auf eine lebenswertere Zukunft sind, war ihr offenbar
völlig gleichgültig.
5) Bittdorf führt als frauenverachtendes Beispiel an [10]: »Daß Nuba-Mütter nach der Entbindung
zwei Jahre enthaltsam und sich dann den ganzen Körper mit hunderten von Schmucknarben bedecken
lassen müssen, wenn sie wieder als Sexualobjekt in Frage kommen wollen, entzückt die
Besucherin – zumal die Tortur und das Resultat der Tätowierung
kräftige Photos ergeben.«
6) Später behauptete sie, sie habe alle Zigeuner nach dem Krieg wiedergesehen, keinem einzigen
sei etwas passiert. Tatsächlich wurden aber mindestens 16 von ihnen in Auschwitz ermordet. [17]
Literatur
[1] Henryk Goldberg
(2003): »Die kalte Seele – Leni Riefenstahl bleibt ein Monument der Kulturgeschichte«. – In: GETIDAN: Autoren über Kunst und Leben
[2] Helmut Schmidt:
»The Exciting Life and Art of Leni Riefenstahl. Schicksalsberge – Schicksalsfilme (1924-1932)«
[3] Peter v. Brinkemper:
»Leni Riefenstahls 100jähriges Vermächtnis für Hollywood.– Keine Entmythologisierung
in Sicht.« – In: Telepolis vom 22.08.2002
[4] Hanno Loewy (1999):
»Das Menschenbild des fanatischen Fatalisten – Oder: Leni Riefenstahl, Béla Balázs und DAS BLAUE LICHT«.
[5] Hilmar Hoffmann:
»›Zum 100. Mein neuer Film‹«. Interview mit Leni Riefenstahl. – In: WELT ONLINE vom 07.01.2002
[6] Axel Jockwer (1999):
Rezension von Daniel Wildemann (1998): »Begehrte Körper. Konstruktion und Inszenierung
des ›arischen Männerkörpers‹ im ›Dritten Reich«. – Würzburg
[7] Hilmar Hoffmann:
»›Ich wäre eine gute Sozialdemokratin geworden«. Interview mit Leni
Riefenstahl. – In: WELT ONLINE vom 07.01.2002
[8] Goedart Palm:
»Die ewige Wiedergeburt der bösen Muse«. – In: Telepolis vom 13.12.2002
[9] Rainer Rother:
»Das Naive als rettende Pose – Eine Provokation wird hundert. Es keine
einfache Sache, Leni Riefenstahl zu ehren«. – In: Berliner Zeitung ONLINE vom 17.08.2002
[10] Wilhelm Bittdorf (1976): »Blut und Hoden«. – In: DER SPIEGEL vom 25.10.1976
[11] Jörg Thomann:
»Triumph des Stillen. Ein Film als Abschiedsgruß und komprimiertes Lebenswerk«. – In: FAZ vom 14.08.2002
[12] Anonym (1949): »Tiefland etwa verschollen – Alles unwahr sagt Leni«. – In: DER SPIEGEL vom 29.09.1949
[13] Alice Schwarzer:
»Leni Riefenstahl: Propagandistin oder Künstlerin?«. – In: EMMA Januar/Februar 1999
[14] Kay Sokolowsky:
»Alice Schwarzer: Die neue Rechte – Mit der »Emma«-Titelgeschichte zur Nazifilmerin
Riefenstahl hat sich Alice Schwarzer zur neuen Frauenschaftsführerin gemacht«. – In: konkret März/1999
[15] Karin Wieland (2011):
»Dietrich & Riefenstahl – Der Traum der neuen Frau«. – München
[16] Andreas Rosenfelder:
»Marlene, Leni und verbrannte Männer am Wegesrand«. – In: WELT ONLINE vom 19.10.2011
[17] Edith Kohn:
»Marlene folgt den US-Truppen, Leni umgarnt Hitler«. – In: Die Welt vom 04.12.2011
G.M., 01.07.12
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Die Radikalfeministin Alice Schwarzer ist Herausgeberin der größten deutschsprachigen
feministischen Zeitschrift Emma. Sie widmete der ›Nazisse‹ Riefenstahl in
der Ausgabe 1/1999 eine Titelstory.
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