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Michael Linnenbach
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Der Feuersalamander (Salamandra salamandra) gehört zu den Tieren, die der durchschnittliche Naturfreund
eher tot als lebendig
sieht. Dies liegt daran, dass der Feuersalamander seine Tagesverstecke nur in der
Nacht zur Nahrungssuche oder Larvenablage verlässt. Mir ist es z. B. noch nie gelungen, in der freien
Natur ein lebendiges Exemplar zu sehen, obwohl ich durchaus dazu neige, abseits der Wege durchs Gelände
zu streifen und unter Baumstümpfen oder Steinen zu stöbern. Dagegen habe ich auf Waldwegen schon Dutzende
überfahrene Exemplare
angetroffen. Vor allem auf einem asphaltierten Forstweg1) entlang der Glenne bei Kallenhardt
im Sauerland. Nach einem ordentlichen Regentag habe ich dort auf einer Strecke von knapp zwei Kilometern
schon mal knapp 20 plattgefahrene Salamander auffinden können. Das ist keine außergewöhnlich große Zahl.
In einer schwäbischen Zeitung wurde 2009 ein Fall beklagt, wo auf gleicher Streckenlänge und einem vergleichbaren
Talweg mehr als 80 Feuersalamanderleichen gefunden wurden. Es handelte sich durchweg um weibliche Tiere,
die auf dem Weg zu ihren Larvenablageplätzen im sauerstoffreichen Wasser eines nahen Baches waren. Da ein
Weibchen bis zu 40 junge Salamander im Bauch trägt, rechnet der örtliche Naturschutzverein mit einem
Verlust von bis zu 2.400 Jungtieren2). Ein (auch unregelmäßig) stark befahrener Weg zwischen und
Nahrungs- bzw. Tages- und Larvenablagehabitat ist folglich durchaus in der Lage, eine Population von
Feuersalamandern spürbar zu schädigen oder gar auszurotten.
Wir werden uns im Folgenden weniger mit der Biologie des Feuersalamanders beschäftigen (die kann man in
jedem Naturführer nachlesen), sondern damit, warum er so ein sagenhaftes Tier ist und als unheimlich gilt.
Ein Grund dafür besteht darin, dass seine milchweißlichen Hautsekrete, die seine auf dem Rücken lokalisierten
Drüsenreihen absondern, giftig sind. Unter Stress stehende Tiere können die giftigen Sekrete in dünnen
Strahlen bis zu einem Meter weit ausstoßen. Diese Fähigkeit hat in den vergangenen Zeiten die menschliche
Phantasie bewegt, im Feuersalamander ein dämonisches, mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestattetes
Wesen zu erkennen. Schon Plinius der Ältere schrieb im ersten Jahrhundert nach der Zeitenwende in
seiner berühmten »Naturalis historia«, also der Mutter aller naturkundlichen Enzyklopädien (zitiert nach
Brehms Thierleben 1883): »Der Schleim, welcher ihm wie Milch aus dem Maule läuft, frißt die Haare am
ganzen menschlichen Körper weg; die befeuchtete Stelle verliert die Farbe und wird zum Male. Unter allen
giftigen Thieren sind die Salamander die boshaftesten. Andere verletzen nur einzelne Menschen und
tödten nicht mehrere zugleich ganz abgesehen davon, daß die Giftthiere, welche einen Menschen
verwundet haben, umkommen und von der Erde nicht wieder aufgenommen werden der Salamander hingegen
kann ganze Völker vernichten, falls diese sich nicht vorsehen.«3). Der Reptilien- und
Amphibienkundler Rudolf Malkmus berichtet, dass der Feuersalamander in Portugal im ganzen Lande als
Sinnbild des Bösen galt. Nach einer Legende sei Christus bei der Kreuzigung ein Salamander von einem
Soldaten ins Gesicht geschleudert worden. Und angeblich würde derjenige 100 Jahre Sündenvergebung durch
Jesus Christus erhalten, der es schafft, dem Blick des Salamanders standzuhalten, ohne Ekel zu empfinden.
Eine weitere fantastische Geschichte, die sich um ihn rankt, hat sich in seinem Namen überliefert.
Der stammt nicht wie man zunächst vermuten könnte von den gelben Flecken oder Streifen auf
seiner Haut, sondern daher, dass man glaubte, er würde nicht im Feuer verbrennen. Plinius
schrieb: »Er ist so kalt, daß er wie Eis durch bloße Berührung Feuer auslöscht«. Dieser
abenteuerliche Glaube rührt vermutlich daher, dass die Menschen vergangener Jahrhunderte viel
in Wäldern unterwegs waren und wenn die Nacht anbrach, ein Lagerfeuer anzündeten. Verbarg
sich ein Feuersalamander in der Nähe des Feuers kam er weil es zu warm oder zu trocken
wurde aus seinem Versteck gekrochen. Für die Menschen sah es dann so aus, als würde er direkt
aus dem Feuer kommen und dieses ihm nichts anhaben könne. Ja man glaubte sogar, dass er auf glühenden
Kohlen nicht verbrennen würde, und dass man mit ihm das Feuer beherrschen könnte. Dieser Glauben
führte dazu, dass unzählige Feuersalamander ihr Leben verloren, weil sie bei Bränden ins Feuer geworfen
wurden. An dieser sagenhaften Fähigkeit ist nur ein kleines Fünkchen Wahrheit, denn aufgrund der reichlichen
Absonderung von Hautdrüsensekreten vermag der Feuersalamander, Feuer kurze Zeit unbeschadet standzuhalten.
Die fantastischen Geschichten über die Feuerresistenz des Salamanders sind wohl auch der Grund dafür, warum
er für die Alchemisten der »Geist des Feuers« war. Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges (1899-1986),
der eine Vorliebe für metaphysische Literatur hatte, liefert in seinem Buch »El MundoImaginario« eine Erklärung
dafür, warum der Feuersalamander ein so bedeutendes Tier war: Die Alchemisten sahen in den vier Elementen
den unveränderlichen Ursprung aller Dinge und nichts konnte stärker sein als sie. Dieses System verlangte
Parität: Da es Tiere der Erde, des Wassers und der Luft gab, waren Tiere des Feuers erforderlich. Für die
Würde der Wissenschaft war es wesentlich, das Salamander als Geists des Elements Feuer existieren. Auch heute
noch wird der Feuersalamander mit Feuer in Verbindung gebracht. Er ist zwar nicht mehr der Geist des Feuers,
spielt aber als Anne Hook, Designerin]">Symbol in Feuerwehren
eine Rolle. Vor allem Kinder- und Jugendwehren tragen regelmäßig seinen Namen,
wobei sich in der Wahl des Symbols eher seine warn- oder Signalfarbe, sein feuriger Name und seine Funktion als
Sympathieträger widerspiegeln als seine legendäre Fähigkeit, Feuer zu löschen.
Die Verwendung des putzigen Feuersalamanders als Symbol für Kinder- und Jugendwehren ist zwar naheliegend
aber nicht ganz unproblematisch. Unreflektiert verwendet, könnte es die Begeisterung von Kindern und Jugendlichen
nicht nur fürs Löschen, sondern auch fürs Feuer oder genauer gesagt Zündeln fördern. Auch wenn keine genauen Zahlen
vorliegen, werden doch immer wieder Fälle bekannt, in denen Serienbrandstifter aus den eigenen Reihen der Feuerwehr
stammen. In der betroffenen Wehr herrscht dann jedes mal blankes Entsetzen und völliges Unverständnis. Man vermeidet
aber, die Problematik offensiv anzusprechen. Dabei führt von der pflichtbewussten Bereitschaft, Brände zu bekämpfen
über die Faszination für alles, was mit Feuer zusammenhängt bis hin zum pyromanen Drang, in heldenhafter Manier Brände
zu löschen, die man selbst gelegt hat, ein durchaus gangbarer Weg. Die latent vorhandene Gefahr, als Feuerwehrmann ein
Brandstifter zu werden, sollte deshalb in der Feuerwehrausbildung unbedingt thematisiert werden. Die Führungskräfte
oder genauer gesagt, die alten Kämpfer sollten den Neulingen nicht nur von großen Zeiten vorschwärmen, wo es noch
keine Brandmelder gab..., sondern auch von Fällen berichten, wo aus frustrierten Wehrmännern Brandstifter geworden sind.
Die Legenden und die Symbolik um den Feuersalamander könnten nicht nur in Kinder- und Jugendwehren ein geeigneter Aufhänger
dafür sein.
Nachbemerkung
Bei einem Besuch in Thun/Kanton Bern/CH ist mir in der Altstadt ein mit
Feuer-Ornamenten verziertes Auto
aufgefallen. Wie an Beschriftung und blauer Signalanlage unschwer zu erkennen war, handelte es sich dabei um
das Einsatzleitfahrzeug der örtlichen Feuerwehr. Mein spontaner Gedanke: Auf dem Dach des Autos fehlt nur
noch ein Flammenwerfer, damit es auch immer als erstes Einsatzfahrzeug am Brandort ist.
Anmerkung
1) Unglücklicherweise fühlen sich Salamander auf regennassen asphaltierten Wegen sehr wohl und denken
gar nicht daran, schnell über die Straße zu kommen.
2) Die Feuersalamanderlarven hätten natürlich nicht alle überlebt, denn sie haben in den Gewässern,
wo sie von den Weibchen ausgesetzt werden, viele Feinde (vor allem Forellen und räuberische Libellenlarven).
Die überfahrenen trächtigen Feuersalamander sind aber, bis auf die kurze Zeit, wo sich Fliegen an ihnen gütlich
tun, dem lokalen Ökosystemen so gut wie entzogen.
3) Die Sekrete verursachen normalerweise beim Menschen wenn überhaupt nur ein leichtes Brennen
auf der Haut. Bei sehr empfindlichen Personen können sie auch zu Übelkeit, Atembeschwerden und Erbrechen
führen. Junge Hunde oder Katzen, die den Molch als Spielobjekt betrachten, können allerdings durchaus in
Mitleidenschaft gezogen werden. Und Schlangen oder Kleinräuber, die den Molch versehentlich verzehren,
verenden nicht selten unter Krämpfen.
Quellen
Grundkötter, Klaus-P. (Geschichte des Feuersalamanders),
Wikipedia-en (Salamander - legendary creature)
G.M., 10.10.2010