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Reinhard Junker & Siegfried Scherer
Evolution – Ein kritisches Lehrbuch
Weyel-Verlag – Gießen 2001 (5. Auflage), 328 S.

Dieses Lehrbuch ist zweifelsfrei die derzeit mit Abstand beste Veröffentlichung zum Thema Evolution und insbesondere Evolutionskritik im deutschsprachigen Raum. Die Verfasser sind Dr. Reinhard Junker und Prof. Dr. Siegfried Scherer. Scherer ist Direktor des Instituts für Mikrobiologie an der Technischen Universität München und Junker ist ehemaliger Gymnasiallehrer für Biologie und Mathematik. Auch die neun weiteren Koautoren sind Biologen, Chemiker oder Mediziner. Neben ihrer wissenschaftlichen Ausbildung ist allen Autoren gemeinsam, dass sie der biblischen Schöpfungslehre eng verbunden sind.

Das Lehrbuch zeichnet sich dadurch aus, dass es die äußerst vielschichtigen Erkenntnisse und Problemstellungen evolutionsbiologischer Ursprungsforschung fundiert und systematisiert darstellt – und zwar auf dem aktuellsten Stand. Im Einzelnen beinhaltet es eine wissenschaftstheoretische und geschichtliche Einführung, eine Darstellung und Diskussion der Artbegriffe, der Grundtypenbiologie, der Evolutionsmechanismen sowie der Evolution auf organismischer, molekularer und chemischer Ebene. Ferner widmet es sich in zwei Kapiteln der historischen Evolutionsforschung, nämlich der vergleichenden Biologie und der Deutung der fossilen Überlieferung.

Ein besonderer Pluspunkt des kritischen Lehrbuches besteht darin, dass es die gravierenden Schwachstellen der konventionellen evolutionsbiologischen Erklärungsmodelle auf überzeugende Weise offen legt. Diese Schwachstellen werden in den schulwissenschaftlichen Lehrbüchern fast durchweg unterschlagen oder bagatellisiert. Die massive Kritik lässt sich wie folgt auf den Punkt bringen: Der darwinsche Mutations-/Selektionsmechanismus und seine neodarwinistischen Neuformulierungen taugen einigermaßen dazu, mikroevolutive Prozesse zu erklären. Völlig untauglich sind sie aber für die Erklärung makroevolutiver Prozesse, d. h. die evolutive Entstehung völlig neuer Strukturen oder Physiologien.

Jeder halbwegs unvoreingenommene Leser wird nach der Lektüre dieses Buches zu der Einsicht gelangen, dass es kein Zeichen von ignoranter Dummheit, sondern von kritischer Vernunft ist, wenn man die Frage nach der Entstehung der verschwenderischen Vielfalt der Lebewesen auf unserem Planeten als weiterhin ungelöst betrachtet. Die ›erlösende‹ Botschaft dieses Buches lautet daher: Wir dürfen über die Wunderwerke der Natur wieder staunen und müssen uns nicht durch dogmatisierte und die öffentliche Meinung tyrannisierende Evolutionslehren davon abhalten lassen.

Die enge Verbundenheit der Autoren mit der biblischen Schöpfungsgeschichte kommt explizit in farbig abgesetzten und durch den Begriff »Grenzüberschreitung« gekennzeichneten Passagen sowie im gleichnamigen Schlusskapitel zum Ausdruck. Hier werden aus der biblischen Offenbarung abgeleitete Schöpfungsmodelle und ihre Kompatibilität mit empirischen Daten diskutiert. Die Autoren beanspruchen, dass sich aus ihren Schöpfungsmodellen vergleichbar den Evolutionsmodellen testbare Schlussfolgerungen ableiten lassen. Dieser Anspruch ist methodisch bedenklich, weil hier in letzter Konsequenz »die Schöpfung« oder gar »Gott« getestet werden soll, womit jede seriöse Wissenschaft hoffnungslos überfordert ist.

Nicht ganz so offensichtlich – aber deswegen um so störender – zeigt sich die strikte Bibelorientierung der Autoren an ihrem beharrlichen Bemühen, Befunde in Frage zustellen, die auf eine gemeinsame Abstammung der Lebewesen hinweisen. Ihre Versuche, den offensichtlichen Reliktcharakter und die Funktionslosigkeit rudimentärer Strukturen (z. B. rückgebildete Hüftknochen bei Walen) wegzuinterpretieren, kann man nur als absurd bezeichnen. Statt sich an der Vorstellung einer funktionsoptimierten Schöpfung festzuklammern, hätten die Autoren sich besser an eine lakonische Bemerkung des Biochemikers Gottfried Schatz halten sollen: »Vieles in unserem Körper so unsinnig ist, wie die Grenzen der Schweiz, aber beides hat sich im Laufe der Zeit eingespielt und nicht mehr verändert«. Mit anderen Worten: Die heutigen Baupläne der Lebwesen sind sinnvoller Weise nur interpretierbar, wenn man berücksichtigt, dass bei ihrer Entstehung die Zufälle der Geschichte eine wesentliche Rolle gespielt haben.

Auch die pessimistische Beurteilung der möglichen Reichweite und Bedeutung von neueren evolutionsbiologischen Forschungsergebnissen kann dem Leser gelegentlich Bauchschmerzen bereiten. Hier hätten die Autoren an Glaubwürdigkeit gewonnen, wenn sie sich eingestanden hätten, dass z. B. die erstaunlichen Befunde der Endosymbiontenforschung oder die faszinierenden Entdeckungen um die Homeobox-Gene nicht nur aus neodarwinistischer, sondern auch aus schöpfungstheoretischer Sicht völlig unerwartet waren. Solche ›missliebigen‹ Befunde müssen – auch wenn es die ›Forscherseele‹ schmerzt – dazu führen, die Standardmodelle und nicht etwa die Befunde in Frage zu stellen. Zur Ermutigung sei den Autoren hier eine Zeile aus Alfred Lord Tennysons berühmten Gedicht »In Memoriam« ans Herz gelegt: ›Rechtschaffener Zweifel hat mehr Glauben als das stupide Festhalten an Bekenntnissen‹. Diese Zeile richtet sich natürlich ebenso an bekennende Neodarwinisten.

Die zuvor geschilderten Reflexionsdefizite verderben dem geneigten Leser zwar gelegentlich den Spaß an der Lektüre des Lehrbuches; sie bleiben aber erträglich, wenn man die geradezu ignorante Überheblichkeit bedenkt, mit der in konventionellen Lehrbüchern der vermeintliche Siegeszug der darwinschen Evolutionslehre und seiner Neuformulierungen dargestellt wird. Folglich ist auch das vorliegende Lehrbuch ein Beleg dafür, dass die kreationistisch gesonnenen Evolutionstheoretiker in der Regel ein ernsthafteres Verständnis der Gegenseite an Tag legen als umgekehrt. Damit ist die Frage, ob man von man von kreationistischer oder darwinistischer Seite objektiver über evolutionsbiologische Probleme informiert wird, wieder einmal eindeutig zu Gunsten der Kreationisten beantwortet.

   

 
   


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