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Matt Ridley-Eros und Evolution – Die Naturgeschichte der Sexualität - Droemer Knaur, München 1995, 550.S Matt Ridley

Eros und Evolution – Die Naturgeschichte der Sexualität
Droemer Knaur, München 1995, 550.S [PDF - DATEI - 82 KB]

Eine Zusammenfassung und Besprechung1)

1. Einführung

Als mir das Buch vor einiger Zeit auf der Suche nach brauchbarer Evolutionsliteratur in die Hände fiel, war mein erster Eindruck: Wichtiger als die Bibel2)! Und dies ist auch mein letzter Eindruck geblieben – wobei meinem Urteil als Maßstab wohl die ›Erhellung der menschlichen Natur‹ zu Grunde liegt. Das Buch strotzt von originellen Ideen, was bei den über 500 Literaturtiteln, die Ridley in dem Buch verarbeitet hat, schlicht daran zu liegen scheint, dass er ein besonders belesener Kopf ist, der zudem mit vielen bedeutenden Evolutionstheoretikern korrespondiert. Aufgrund seiner gründlichen Recherchen und der eleganten Darstellung seiner Themen unterscheidet sich Ridley positiv von vielen anderen Sachbuchautoren, die mit einem guten Dutzend zufällig ausgewählter Literaturtitel sowie einer gehörigen Portion Sendungsbewusstsein die Wissenschaftsgeschichte umschreiben wollen. Als Beispiel aus der populären Sparte ›Darwinismuskritik‹ sei das erst kürzlich erschienene Sachbuch »Das Darwin-Komplott« von Reinhard Eichelbeck genannt. Dem Sachbuchautor gelingt es hier nur dank der mageren Literaturgrundlage und dem unerschütterlichen Bewusstsein, einem Komplott auf der Spur zu sein, die evolutionstheoretisch und wissenschaftsgeschichtlich anspruchsvolle Aufgabenstellung zu ›bewältigen‹.

Ridleys Buch »Eros und Evolution« ist inhaltlich eine anthropologische Anwendung der Evolutionstheorie auf die Naturgeschichte der Sexualität. Vom konzeptionellen Ansatz her kann es als gelungene Synthese und Weiterführung von Richard Dawkins provokantem Klassiker »Das egoistische Gen« und David Buss´ kontroversem Standardwerk »Die Evolution des Begehrens« bezeichnet werden. Zum Glück schreibt Ridley nicht so egoman wie der Evolutionstheoretiker Dawkins und nicht so ungelenk und trocken wie der Evolutionspsychologe Buss. Und dies mag auch der Grund dafür sein, dass ich mit Stil und Inhalt von Ridleys Buch stark sympathisiere. Im Folgenden werde ich wesentliche Gedanken seines Buches referieren und nur dort kommentieren, wo ich Ungereimtheiten sehe oder ergänzende Hinweise für angebracht halte. Insbesondere das sechste Kapitel dieses Beitrages mag bei manchem Leser den Eindruck erwecken, er habe statt dem vertrauten Zeitensprünge-Bulletin ein Brevier für Seitensprünge in der Hand. Wer sich diese Erfahrung ersparen möchte, sollte dieses Kapitel überschlagen oder am besten nach der Einführung direkt den Ausblick lesen. Dort diskutiere ich Ridleys Thesen vor dem Hintergrund chronologiekritischer und den Evolutionsmechanismus betreffender Aspekte. Zur Strukturierung von Ridleys Ideenfeuerwerk habe ich aus rein praktischen Erwägungen ein Frage-Antwort-Schema gewählt, das mit etwas Abstand betrachtet doch stark an den katholischen Einheits-Katechismus erinnert (»Wozu sind wir auf Erden? Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen.« etc.). Das eingängige Schema darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele von Ridleys Geschichten zwar geistreich, spannend und wahrscheinlich aber durchaus nicht final bewiesen sind.

2. Wer ist der Autor?

Der britische Zoologe und Soziobiologe Matt Ridley (nicht zu verwechseln mit dem scholastischen britischen Evolutionsbiologen Mark Ridley) ist einer der prominentesten Wissenschaftsautoren. Seine Sachbücher (»Eros und Evolution«, engl. 1993, vollständige deutsche Taschenbuchausgabe 1998; »Biologie der Tugend«, 1996 oder »Alphabet des Lebens«, 1999) sind ebenso fundiert wie leichhändig geschrieben und sind schon öfter ausgezeichnet worden. Der Autor lebt als freier Journalist und Sachbuchautor auf einer Farm in Nordengland. Ridley ist verheiratet und hat zwei Kinder. Dass es sich dabei um einen Sohn und eine Tochter handelt, scheint seinem massiven Interesse an der Beobachtung der Entwicklung von Geschlechtsunterschieden sehr entgegen zu kommen.

3. Worum geht es in dem Buch?

Es geht in dem Buch nicht ausschließlich wie der deutsche Titel suggeriert um Sexualität, sondern grundsätzlich um die Beschaffenheit der menschlichen Natur. Ridley versucht, die Frage zu beantworten, warum reiche Männer schöne Frauen heiraten, und schöne Frauen reiche Männer bevorzugen; warum Männer - was Aussehen und Alter von Frauen angeht - so wählerisch sind und Frauen mehr auf Status statt auf Aussehen von Männern achten; warum die Knaus-Ogino-Methode versagt und ein verborgener Eisprung die Untreue von Frauen erleichtert; warum die Menschen im Unterschied zu ihren nächsten Verwandten, den Schimpansen, in der Regel in monogamen Beziehungen mit Hang zur Untreue leben und ein erheblicher Teil der Kinder aus intakten Familien ihren genetischen Vater nicht kennen; warum der Mensch ein Erfolgsaffe ist und warum er ein so großes Gehirn hat. Für diese und viele weitere interessante Fragen liefert Ridley uns die neusten Antworten, die allesamt gemeinsam haben, dass sie weniger auf humanwissenschaftlichen als auf soziobiologischen Erklärungsmodellen basieren. Anders formuliert: Es handelt sich um Antworten, die mehr mit der menschlichen Instinktnatur als mit psychischen, kulturellen oder religiösen Unterschieden der Menschen zusammenhängen.

Die Grundthese von Ridleys Buch lautet: Es gibt so etwas wie eine universale menschliche Natur und es ist unmöglich, den Grundstock an Ähnlichkeiten unter den Menschen zu verstehen, ohne verstanden zu haben, wie sich die Instinktnatur des Menschen im Laufe der Evolution entwickelt hat und weshalb die Sexualität ein Zentralthema der Evolution der menschlichen Natur ist. Ridley scheut sich nicht bei der Erforschung der menschlichen Natur auf die Kenntnisse über die Lebensweise von Tieren, wie z. B. Menschenaffen, Pavianen und Gibbons, Busch-, Birk- und Blatthühnern, Paradies- und Laubenvögeln, Pfauen, Lemmingen, Blauwalen, Rädertierchen und Regenwürmern zurückzugreifen. Genauso wie es unmöglich ist das Sozialverhalten eines australischen Buschhuhns (das aus Gründen der Reproduktion zwei Tonnen Blätter, Zweige und Sand zu einem Hügel aufschichtet) isoliert, d. h. ohne den Vergleich mit anderen Tieren zu verstehen, ist auch die Lebensweise des Menschen nur zur verstehen, wenn man seine historischen Lasten, d. h. das Paarungsverhalten, die Investitionen beider Elternteile in die Kinder, die Lebensräume oder die Ernährungsweisen mit denen anderer Lebewesen vergleicht. Nach Ridley ist die Auffassung der Mensch sei das einzige Geschöpf, dass sich nach Lust und Laune entwickle, ist ein typisches Kennzeichen menschlicher Unwissenheit.

Es geht Ridley im Übrigen nicht darum, die Bedeutung von Kultur- und Umwelteinflüssen abzustreiten (kein vernünftiger Mensch würde dies tun), sondern der Bedeutung genetischer Einflüsse Anerkennung zu verschaffen (was viele vernünftige Menschen insbesondere Humanwissenschaftler nicht tun). Ridley stützt sich bei der Interpretation der menschlichen Natur nicht nur auf biologische Erkenntnisse, sondern er lässt auch Soziologen, Psychologen und Anthropologen zu Wort kommen. Die Erklärungsmodelle dieser Disziplinen werden von Ridley allerdings heftig kritisiert, weil in deren Untersuchungen der Einfluss der Gene auf menschlichen Verhalten meistens übersehen wurde. Und dies gilt für Sigmund Freuds Inzesttabu genauso wie für Skinners Behaviorismus und Meads Gruppendruck-Determinismus. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die soziobiologischen Erklärungsansätze von den traditionellen Seelenkundlern und Sozialwissenschaftlern heftig attackiert werden. Dies konnte allerdings nicht verhindern, dass diese Erklärungsmodelle seit Ende der siebziger Jahre auf breiter Front auf dem Vormarsch sind, was durch den Erfolg der Bücher von David Buss, Richard Dawkins, Matt Ridley oder Edward O. Wilson eindrücklich belegt wird. Auch der SPIEGEL-Titel »Sex und Evolution – Das animalische Erbe des Menschen« vom 17. April diesen Jahres zeigt, dass die Soziobiologie zwischenzeitlich den Zeitgeist erobert hat.

4. Warum spielt die Sexualität eine so wichtige Rolle in der menschlichen Natur?

Die wichtige Rolle der Sexualität in der menschlichen Natur hängt damit zusammen, dass der Reproduktionserfolg der einzige (wissenschaftlich) erkennbare Zweck ist, zu dem ein menschliches Wesen (ebenso wie jedes andere Lebewesen) konstruiert ist – alles andere ist Mittel zum Zweck (auf die teleologische Formulierung dieser Feststellung komme ich zurück). Die erfolgreiche Reproduktion ist die Prüfung, die alle menschlichen Gene bestehen müssen, wenn sie nicht durch natürliche Selektion ausgesiebt werden sollen. Im Zentrum der Untersuchung von Ridley steht daher die menschliche Reproduktion, d. h. die sexuelle Fortpflanzung. Ridley zeigt, dass es nur wenige Eigenschaften der menschlichen Natur (inklusive der Psyche) gibt, die sich vor einem anderen Hintergrund als vor der Reproduktionsfähigkeit erklären lassen. Die ungeheuer große Bedeutung der sexuellen Reproduktion (oder genauer gesagt der von der Reproduktion zwischenzeitlich weitgehend entkoppelten Sexualität) zeigt sich auch darin, dass man die Frage, worüber die Menschen und insbesondere die Männer am häufigsten reden, wohl mit »das andere Geschlecht«, »Liebe« oder gleich mit »Sex« beantworten muss3). Und diesem beredten Zeugnis der menschlichen Instinktnatur ist, da es eine erstaunliche Übereinstimmung mit evolutionsbiologischen Forschungserkenntnissen zeigt, durchaus eine Indikatorfunktion einzuräumen.

Die besondere Bedeutung des Faktors erfolgreiche Reproduktion ist bereits von Darwin erkannt worden. Seine Theorie der sexuellen Selektion ist eine seiner weniger bekannten, lange Zeit ignorierten Thesen: Ihre Grunderkenntnis besteht darin, dass das Ziel eines Lebewesen nicht das bloße Überleben, sondern die Fortpflanzung ist. Alles, was den Reproduktionserfolg erhöht, wird sich auf Kosten anderer Dinge ausbreiten, die solches nicht tun – selbst dann, wenn dadurch das Überleben von Individuen gefährdet wird. Dies ist von so zentraler Bedeutung für die Entwicklung von Leben, dass es nicht nur den Bauplan des Körpers beeinflusst hat, sondern auch die Beschaffenheit der Psyche. Beispielsweise erhöht Testosteron das Elixier aller Männlichkeit die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Auch die Psyche eines Mannes ist darauf ausgerichtet, Dinge zu tun, die zwar sein Überleben gefährden, aber seine Chancen erhöhen, eine oder mehrere ›wertvolle‹ Geschlechtspartnerinnen zu gewinnen. Wenn Frauen gefährlich leben, dann gefährden sie dadurch ›lediglich‹ die Kinder, die sie bereits haben. Das relativ zu Frauen stärker wettbewerbsorientierte (und aggressivere) Wesen des Mannes ist also das Ergebnis sexueller Selektion.

Die sexuelle Selektion lässt wie die natürliche Selektion den Eindruck einer ›zweckgerichteten‹ Planung entstehen. Tatsächlich betrachten mehr und mehr Biologen Gene als etwas, das aktiven und denkenden Einzelwesen vergleichbar ist. Dies bedeutet nicht, dass Gene ein Bewusstsein besäßen oder gar von irgendwelchen Zukunftsgedanken getrieben würden. Aber die teleologische Wahrheit ist, dass Gene, die ihr eigenes Überleben zu sichern versuchen, eher überleben. Ein Gen ist per definitionem der Nachfahr eines Gens, das es geschafft hat, in die nächste Generation zu gelangen. Um dieses Ziel zu erreichen, wirken Gene in Körpern zusammen, um die Chance zu erhöhen, in die nächste Generation zu gelangen. Dies ist eine ebenso wirksame Überlebensstrategie, wie das soziale Zusammenwirken von Menschen in einer Stadt. Insofern hat die teleologische Sichtweise bei Genen, obwohl es sich um seelenlose Moleküle handelt und die Evolution kein Ziel hat, eine gewisse, wenn auch m. E. nicht unproblematische Berechtigung. Die Parallele kann sogar noch weitergeführt werden: Gemeinweisen bestehen bekanntlich nicht nur aus Kooperation, sondern auch aus Wettbewerb, und es ist schwieriges Problem zwischen beiden Polen einen vernünftigen Ausgleich zu schaffen. Die Gen-Gesellschaft steht vor genau demselben Problem, weil Gene nicht nur kooperieren, sondern jedes Gen natürlich auch ein Nachfahr eines Gens ist, das unbeabsichtigt mit allen Mitteln gerempelt und geschoben hat, um die nächste Generation zu gelangen.

5. Was hat die »Rote Königin« mit Parasiten und Sex zu tun?

In der englischen Originalausgabe erschien das Buch unter dem Titel »The Red Queen«. Der Originaltitel wirft wie häufig ein bezeichnenderes Licht auf den Inhalt des Buches als die deutsche Version des Titels: Die »Rote Königin« ist eine furchterregende Frau aus Lewis Carrolls bekannten Kinderbuch-Klassiker »Alice im Wunderland«. Sie rennt ständig, ohne dabei vom Fleck zu kommen: »Hierzulande musst du so schnell rennen wie du kannst, wenn du am gleichen Fleck bleiben willst«. In der Biologie ist die »Rote Königin« zwischenzeitlich bei Theorien zur Existenz und Funktion von Sexualität zu einer geachteten Persönlichkeit geworden. Theorien im Sinne der »Roten Königin« gehen davon aus, dass die Welt mit dem Tode um die Wette läuft. Und zwar nicht in erster Linie, wie man früher glaubte, um bessere Anpassung an die physische Umgebung (Kälte, Wärme, Nahrungsressourcen etc.), sondern im Kampf gegen Parasiten: Hunger oder ein Unfall mögen Menschen geschwächt haben, aber gestorben sind sie meistens an Infektionen.

Parasiten und Wirte sind durch enge evolutionäre Bande miteinander verknüpft. Je besser sich der Wirt verteidigt, umso stärker wird die natürliche Selektion solche Parasiten fördern, die in der Lage sind diese Abwehr zu durchbrechen. Je erfolgreicher der Angriff des Parasiten, um so eher wird der Wirt eine Verteidigungsstrategie entwickeln. Der Vorteil wird also immer von einem zum anderen pendeln und niemand wird einen Sieg davon tragen, sondern stets nur einen zeitweiligen Aufschub erwirken. Parasiten werden zwischenzeitlich von Evolutionstheoretikern als hauptsächliche Ursache für die Evolution von Sexualität gehandelt, weil die sexuelle Fortpflanzung eine der wichtigsten Verteidigungsmöglichkeiten gegen Parasiten ist. Hier deutet sich eine überraschend banale Antwort auf die Frage aller Fragen »Warum Sexualität und nicht die praktische asexuelle Vermehrung?« an. Parasiten (hier Viren, Bakterien und Pilze) sind darauf spe¬zialisiert in Zellen einzudringen, indem sie sich bestimmter Proteinschlüssel bedienen, die in Proteinschlösser der Zelloberfläche des Wirtes passen. Parasiten erfinden ständig neue Schlüssel und Wirte ändern ständig alte Schlösser. Hier setzt die neue Hypothese an: Eine Art, die sich sexuell fortpflanzt, verfügt über viele verschiedene Schlösser, eine Art die sich asexuell fortpflanzt, hat dagegen – von Mutationen einmal abgesehen – nur ein Schloss. Ein Parasit mit dem richtigen Schlüssel könnte daher eine sich asexuell vermehrende Art binnen kurzem ausrotten. Arten mit sexueller Fortpflanzung können demgegenüber auf eine Bibliothek verschiedenster Schlösser zurückgreifen.

Tatsächlich sind wir vollgestopft mit verschiedensten Versionen von Genen, was für tiefgläubige Darwinisten ein Sakrileg ist, weil das beste Gen alle anderen hätte verdrängen müssen. Dass dies nicht so ist, bewirkt eine mächtige Kraft mit Namen »Infektionskrankheit«, die dafür sorgt, dass die meisten Versionen eines Gens überleben. Sobald nämlich ein Schloss-Gen selten wird, wird auch der passende Parasiten-Schlüssel selten, so dass dieses Schloss wieder im Vorteil ist und vor dem Verschwinden bewahrt wird. Dieses funktioniert allerdings nur, wenn sich die Genome der beteiligten Individuen mittels geschlechtlicher Fortpflanzung ständig durchmischen. Bezüglich des anderen großen Gegenspielers von Infektionskrankheiten bei höheren Tieren, dem Immunsystem, sei hier nur angedeutet, dass es zwischenzeitlich Theorien gibt, die das Immunsystem mit Sexualität in einer übergreifenden »Rote-Königin-Hypothese« zusammenführen.

6. Wie unterscheidet sich die sexuelle Natur von Männern und Frauen?

Angesichts der Tatsache, dass Männer ihren Fortpflanzungserfolg durch das Eingehen mehrerer Beziehungen erhöhen können, Frauen hingegen nicht, sollte man aus Gründen des Reproduktionserfolgs annehmen, dass männliches Verhalten grundsätzlich angelegt ist, jede sich bietende Gelegenheit zu polygamen Verhalten bereitwillig auszunutzen, und dass männliches Handeln nichts anderes zum Ziel hat. Dass dies nur bedingt zutrifft, hängt nicht nur damit zusammen, dass Frauen aktive Gegnerinnen im sexuellen Schachspiel sind, sondern dass mit einem komplexen Sozialverhalten ausgestattete, größere und intelligentere Tiere (denen der Mensch zuzurechnen ist) hinsichtlich ihrer Paarungssysteme flexibler sind.

Die heutige Monogamie der westlichen Gesellschaft ist daher nach Ridley nur eine von mehreren Varianten im Repertoire der Paarungssysteme, aus denen wir in Abhängigkeit von ökonomischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen schöpfen können. Bezüglich der historischen Entwicklung der Paarungssysteme gehen die meisten Evolutionsbiologen heute davon aus, dass der überwiegende Teil unserer pleistozänen Vorfahren, d. h. der Jäger und Sammler des Eiszeitalters in Verhältnissen lebten, die nur gelegentlich polygam waren. Die heute noch existierenden Jäger- und Sammlergemeinschaften unterscheiden sich nämlich nicht wesentlich von modernen westlichen Kulturen. Die meisten Männer leben monogam, viele sind untreu, und einige wenige schaffen es polygam zu leben.

Die Ursache, weshalb Lebensformen der Jäger und Sammler nur ein geringes Maß an Polygamie begünstigt, besteht darin, dass Glück für den Jagderfolg eine mindestens ebenso große Rolle spielt wie Geschicklichkeit. Da Glück nie von Dauer und sich zudem Fleisch schlecht lagern lässt, konnte es in Jäger- und Sammlerkulturen nicht zur Anhäufung von Reichtum kommen. Jägerkulturen zeichnen sich daher meist durch eine gerechte Aufteilung erlegter Beute aus, die ein gutes Beispiel für einen reziproken Altruismus ist.

Erst mit der Einführung des Ackerbaus ergab sich für Männer schlagartig die Gelegenheit zur Polygamie. Die Landwirtschaft macht es dem besten Bauern plötzlich möglich, nicht nur einen großen Nahrungsvorrat zu horten, sondern konnte ihm auch dazu verhelfen, einen verlässlichen Nachschub zu haben. Im Unterschied zu den auf gegenseitige Gefälligkeit aufbauenden Jägergemeinschaften waren gute Bauern nicht darauf angewiesen, mit anderen zu teilen. Die Ungleichverteilung von Reichtümern ist eng an die Ungleichverteilung sexueller Möglichkeiten geknüpft. Tatsächlich findet man laut Ridley in einfachen Agrargesellschaften häufig Harems mit bis zu hundert Frauen. Da Reichtum und Macht oder das Streben danach oft identisch waren, wurden die Frauen nicht nur gekauft, sondern auch über Macht erworben, wodurch die Ungleichverteilung noch gesteigert wurde.

Zum Wesen des Mannes (von dem hier zunächst fast zwangsläufig die Rede ist, weil das Wesen der Frau in polygamen Gesellschaften überwiegend ignoriert wurde) gehört es also, Gelegenheiten zu polygamen Beziehungen beim Schopf zu packen – so sie ihm gewährt werden – und im Wettstreit mit anderen Männern Reichtum, Macht und Gewalt zu Erreichung sexueller Ziele einzusetzen.

Im Westen hat das Zwischenspiel menschlicher Polygamie, das vermutlich mit der Erfindung des Ackerbaus begann und auch im Mittelalter bei den Herrscherklassen weit verbreitet war mehr oder weniger sein Ende gefunden. Offizielle Kurtisanen sind zu inoffiziellen Geliebten geworden, die vor Ehefrauen versteckt werden müssen. Ridley ist der Ansicht, dass bislang kein Historiker befriedigend erklären konnte, was tatsächlich geschehen ist. Das Christentum hat eine Jahrhunderte lange friedliche Koexistenz mit der Polygamie geführt und die Frauenrechte kamen zu spät. Vermutungen gehen unter anderem dahin, dass Herrscher irgendwann darauf angewiesen waren, ausreichend interne Verbündete zu haben, so dass sie der despotischen Machtausübung entsagen mussten. Damit war nach Ridley so etwas wie die Demokratie geboren, in der monogame Männer die Gelegenheit hatten (auch wenn sie eigentlich selbst nach polygamen Lebensformen strebten) gegen Polygamisten, d. h. erfolgreiche Konkurrenten zu stimmen, womit deren Schicksal besiegelt war. Ridley spannt hier ausgehend von genetischen Determinismen einen m. E. etwas zu weiten kulturgeschichtlichen Bogen und übersieht dabei, dass z. B. das Clanwesen ein ausgesprochen effektives Machterhaltungssystem für Despoten ist. Seiner Einschätzung, dass Demokratien polygamiefeindlich sind, stimme ich allerdings zu. Die Sexskandale der letzten Jahre haben reichlich bewiesen, dass demokratische Machtinhaber ihre polygamen Neigungen nur selten ungestraft ausleben können.

In vieler Hinsicht leben Menschen heute vermutlich in einem sozialen System, das dem ihrer pleistozänen Jäger und Sammler-Vorfahren eher ähnelt als dem der neolithischen Ackerbaugesellschaften. Keine Jäger- und Sammler-Kultur gestattet mehr als nur gelegentliche Episoden der Polygamie. Die Ehe scheint in den meisten Kulturen ein universelles Phänomen zur Produktion, Betreuung und Erziehung von Kindern zu sein. Überall wo es sie gibt, beteiligt sich der Vater zumindest teilweise an der Aufzucht der Kinder und sei es nur, indem er die Familie ernährt. Dies ist durchaus überraschend, denn die – normalerweise gelebte – Monogamie und nicht etwa die (gelegentliche) Polygamie unterscheidet uns erheblich von unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen. Nach Ridley ist die Menschheit selbst in den polygamsten Momenten menschlicher Geschichte der Institution der monogamen Ehe treu geblieben. Als Beispiel führt er an, dass auch Despoten in der Regel eine Königin und viele Konkubinen hatten. Auch hier übersieht Ridley, dass die Ehe bei Despoten ein Instrument zur Machterhaltung etwa im Zusammenhang mit Erbfolgen oder der Vereinigung von Königshäusern ist. Dass Frauen keine passiven Güter im sexuellen Schachspiel sind, wie es polygame Gesellschaften glauben machen könnten, wird vor allem in demokratisch aufgebauten Gesellschaften deutlich. Frauen sind zwar aus Gründen des Reproduktionserfolges weniger als Männer (›Ehebrecher haben mehr Nachwuchs‹) an polygamen Verhältnissen interessiert; aber die Theorie vom begehrlichen Mann und der keuschen Frau versagt, wenn es darum geht die einfache Frage zu beantworten, warum Frauen untreu sind?

In einer außerordentlich interessanten Untersuchung, die vor kurzem in Westeuropa durchgeführt wurde, traten folgende Tatsachen zutage: Frauen haben mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit dann eine Affäre, wenn ihre Partner eher fügsam sind, nicht besonders gut aussehen und ihr Erscheinungsbild in irgendeiner Form asymmetrisch ist. Wenn verheiratete Frauen eine Affäre eingehen, dann entscheiden sie sich für dominante Männer, die älter und verheiratet sind, gut aussehen und ein symmetrisches Erscheinungsbild haben. Je attraktiver allerdings ein Mann ist, umso weniger aufmerksam ist er als Vater. Nahezu jedes dritte Kind, das in Westeuropa geboren wird, stammt aus einer außerehelichen Beziehung. Bereits zu Beginn dieses Beitrages habe ich erwähnt, dass Ridley sich nicht scheut, bei der Erforschung der menschlichen Natur auf Erkenntnisse über die Lebensweise von Tieren zurückzugreifen und so berichtet diese Studie nicht von Menschen, sondern von Vögeln genauer gesagt Schwalben!

Aber sind Menschen – bei denen schätzungsweise trotz moderner Verhütungsmethoden immerhin noch jedes zehnte Kind einem Seitensprung sein Dasein verdankt – ganz anders als Schwalben? Ridley glaubt das nicht. Auch Frauen sind – wenn auch im geringeren Umfang als Männer – sexuelle Opportunisten und verfolgen ihre eigenen Ziele im sexuellen Schachspiel.

Bei der Beschreibung der sexuellen Natur des Mannes wurde bereits erwähnt, dass das Sexualverhalten unserer nächsten Verwandten, der Menschenaffen, nur wenige Parallelen zu den Paarungssystemen menschlicher Gesellschaften zeigt. Ganz anders bei Vögeln: Viele Vögel leben – wie Menschen – in Kolonien und verhalten sich innerhalb dieser Kolonien jedoch weitgehend monogam. Und diese Parallele aus der Vogelwelt liefert eine interessante biologische Erklärung dafür, weshalb nicht nur Männer sondern auch Frauen an sexueller Abwechslung interessiert sein können. Obwohl Frauen dazu neigen, ihren Mann sorgfältig aussuchen, ist der Mann, den eine Frau heiratet, fast zwangsläufig nicht der beste mögliche Mann. (Auch eine Schwälbin, die einen Ehemann braucht, der ihr bei der Aufzucht ihrer Jungen hilft, kommt häufig erst ins Brutgebiet, wenn die besten Männer schon vergeben sind!). Der Wert eines Mannes besteht aus der biologischen Perspektive einer Frau betrachtet zunächst einmal darin, dass er guter Ernährer ist und monogam lebt; dies hat den Vorzug, dass er sein gutes Einkommen oder seinen Einsatz bei der Kindererziehung nicht auf mehrere Familien aufteilen muss. Warum soll aber eine Frau seine Gene akzeptieren wenn es bessere gibt? Anders formuliert: Wenn ein respektabler Ehemann und ein hübscher Liebhaber in einer Person eine seltene schwer zu bekommende Chimäre ist, weshalb soll eine Frau dann nicht die Pflege von einem treuen Mann beanspruchen, aber die Gene von einem anderen attraktiveren Mann nehmen? Gemäß der »sexy-son-Theorie« bekommen untreue Frauen Söhne, die bessere Liebhaber sind und einen größeren Reproduktionserfolg haben.

Frauen können im Unterschied zu Männern ihr Fortpflanzungspotenzial, das von der Länge der Schwangerschaft begrenzt wird, durch Untreue allerdings nur unwesentlich steigern. Die Untreue verschafft ihnen biologisch betrachtet nur den Vorteil ›besseren‹, d. h. sich erfolgreicher reproduzierenden Nachwuchs zu haben. Tatsächlich haben Feldstudien bewiesen, dass Frauen im Unterschied zu Männern im geringeren Umfang untreu sind.

Dieses Ergebnis wird durch Untersuchungen bei lesbischen Frauen bestätigt, die einer Beeinflussung durch die männliche Natur weitgehend enthoben sind. Durch Befragungen wurde hier keine verstärkte Promiskuität, sondern ein überraschend hoher Grad an Monogamie festgestellt. Ganz anders übrigens männliche Homosexuelle, die jeglicher Einschränkung durch die weibliche Natur enthoben sind. Ihre Promiskuität scheint die wahre Natur des Mannes zu entlarven! Das Paarungssystem der Menschheit ist wie das anderer Tiere ein Kompromiss zwischen männlichen und weiblichen Strategien. Das promiske Verhalten männlicher Homosexueller zeigt allerdings, dass Männer trotz ihrer aktiven Verführerrolle im großen und ganzen weitgehend passive Zuschauer ihres partnerschaftlichen Schicksals sind, solange es für Frauen von Vorteil ist, möglichst monogame, treue Männer zu wählen. Andererseits soll die gelebte oder gar ›erzwungene‹ Monogamie, der in ihrem Innersten latent promisken Männer, die Ursache für ihr übertrieben wählerisches Verhalten bei der Partnerwahl sein (Schönheits- und Jugendkult). Es spricht einiges dafür, dass die männliche Instinktnatur in der pleistozänen Monogamiephase durch das Motto: »Wähle sorgfältig, denn vielleicht ist es deine einzige Chance« geprägt wurde. Jugend- und Schönheitsstandards stehen dabei nach den inzwischen weithin bekannten Erklärungsmustern für einen hohen Reproduktionswert.

Der ›Erfolg‹ weiblicher und männlicher Untreue wird durch verschiedene biologische Mechanismen gefördert: So hat der Zeitpunkt des weiblichen Orgasmus einen erheblichen Einfluss auf die Empfängnisbereitschaft. Erstaunlicherweise haben Befragungen bestätigt, dass bei Seitensprüngen ein größerer Prozentsatz als beim ehelichen Geschlechtsverkehr dem fruchtbaren Typus zuzuordnen ist. Zudem verkehrten Frauen – ob bewusst oder unbewusst an den fruchtbarsten Tagen ihres Zyklus mit ihrem Liebhaber. Der verborgene Eisprung ist eine effektive Waffe der Frau im Kampf um Treue und Untreue. Geht man davon aus, dass sein Zeitpunkt den Frauen weniger verborgen als den Männern ist, erleichtert er der Frau ›fruchtbare‹ Untreue, während der Ehemann zur Treue gezwungen wird, weil er nie weiß, wann sie fruchtbar ist.

Auch hier scheint sich ein »Rote-Königin-Wettstreit«, d. h. ein evolutionärgeschichtliches Wettrüsten zwischen Männern und Frauen abzuspielen, denn auch der Mann versucht, seine Chancen auf eine Vaterschaft gegenüber Konkurrenten zu erhöhen. So macht ein großer Teil der Spermien, nicht einmal den Versuch, ein Ei zu befruchten, sondern greift stattdessen andere Spermien an oder blockiert deren Durchtritt (Stichwort: »Spermienkonkurrenz«). Natürlich geschieht dieser evolutionärgeschichtliche Wettstreit weitgehend unbewusst und ist darüber hinaus durch psychische, soziale und kulturelle Determinanten überlagert. Erstaunlich bleibt aber, dass das tatsächliche sexuelle Verhalten von Mann und Frau bezüglich Treue und Untreue – auch wenn das eigentliche Ziel der Gene, nämlich die Fortpflanzung durch die modernen Verhütungsmethoden weitgehend unterminiert wird – in etwa dem Muster entspricht, dass man aufgrund der genetischen Determinanten erwarten würde.

7. Was hat das große Gehirn des Menschen mit der »Roten Königin« und sexueller Selektion zu tun?

Das menschliche Gehirn ist eine beinahe ebenso › kostenaufwendige‹ Erfindung wie die Sexualität, woraus folgt, dass sein Vorteil genauso unmittelbar und weitreichend sein musste, wie der Vorteil der Sexualität. Es mag daher überraschen, dass es abgesehen von der überdimensionierten Gehirngröße gar nicht so einfach ist, den Menschen qualitativ von Affen oder andere Tieren zu unterscheiden, da nahezu jeder Aspekt der menschlichen Intelligenz in gewissem Umfang auch auf Tiere zu trifft:

Hunde haben ein Bewusstsein, Elefanten trauern, Finken verwenden Werkzeuge, Rat¬ten lernen, Delphine bedienen sich einer Sprache und Affen tradieren kulturelle Gepflogenheiten. Auch die alte Dichotomie »Lernen= Mensch« und »Instinkt= Tier« ist durch die Erkenntnis zerstört worden, dass der Mensch über einen ausgeprägten Lerninstinkt (insbesondere bezüglich des Spracherwerbs) verfügt. Tatsächlich ist der Mensch nicht der lernende, sondern ein schlauer ›Affe‹, der sich im Vergleich zu seinen nächsten Verwandten durch mehr und stärker von Erfahrungen prägbare Instinkte auszeichnet. Und an den Mythos vom Werkzeugmacher oder jagenden Mann mag heute niemand mehr glauben, weil ein so großes Gehirn mit der Werkzeugherstellung völlig unausgelastet ist und ein Löwenrudel nicht minder listig und wirkungsvoll jagt, wie eine Gruppe menschlicher Jäger. Etwas gehaltvoller scheint da schon die Theorie zu sein, dass der Mensch eines so großen Gehirnes bedarf, um Wissen zu speichern und weiterzugeben. Aber auch bezüglich dieser Fähigkeit hat der Mensch kein Monopol, weil Tiere Wissen speichern und z. B. über simple Imitation tradieren. Was also fehlt ist eine intellektuelle Herausforderung, die dem größtmöglichen Gehirn bei der Reproduktion einen entscheidenden Vorteil verschaffte.

Wenn für diese Herausforderung nicht die »feindlichen Kräfte der Natur« (Charles Darwin) infrage kommen, konnte nur der Mensch selbst eine zur Erklärung seiner Evolution hinreichende Herausforderung für den Menschen darstellen. Der wahre Feind des ökologisch dominanten Menschen ist also nicht die umgebende Natur sondern der Mensch. Ridley unterstützt die Auffassung, dass der menschliche Intellekt sich in einem »Rote-Königin-Wettstreit« bei der Bewältigung immer komplizierter werdender sozialer Situationen entwickelt hat. Die Interaktion mit Menschen von annähernd denselben intellektuellen Qualitäten, deren Motive zudem von offener oder gar versteckter Bosheit geleitet sein können, stellt ungeheure und ständig wachsende Anforderungen an das Erkenntnisvermögen des einzelnen Menschen dar. Ein Ergebnis dieser Entwicklung besteht darin, dass die heutigen Menschen von der geistigen und seelischen Beschaffenheit des anderen nahezu besessen sein können. Dadurch wird verständlich, dass unsere intuitive Psychologie des gesunden Menschenverstandes, was Treffsicherheit und Weitblick in Alltagsituationen angeht, die wissenschaftliche Psychologie um Längen übertrifft. Tatsächlich sind wir in dem Maße intelligent wie wir natürliche Psychologen sind. Dies alles lässt darauf schließen, dass bezüglich der Evolution des Gehirns ein innerartliches Wettrüsten stattgefunden hat.

In diesem Zusammenhang wird auch die Entwicklung von Sprache verständlich, die nicht in erster Linie zum sachlichen Informationstransfer benötigt wurde, sondern für die soziale Interaktion. Tratsch und Klatsch sind bekanntlich ein universelles menschliches Phänomen und fast unerschöpflich, wenn sich das Gespräch um das Verhalten, Ambitionen, Motive, Schwächen oder Affären anwesender oder abwesender Gruppenmitglieder dreht. Vor der Egoismus-Revolution in der Verhaltensforschung wurde Kommunikation überwiegend als im beiderseitigen Interesse liegender Informationstransfer gesehen. Heute hat sich dagegen die Auffassung durchgesetzt, dass das Ziel der reinen Redekunst nicht die Wahrheit, sondern die Überredung ist. Selbst die wohlgesonnenste Form der Kommunikation ist häufig nichts wie schiere Manipulation, und dies trifft im übrigen auf einen flirtendes Hominidenmännchen genauso zu wie ein herzzerreißend singendes Amselmännchen.

Die Theorie, das ein innerartliches Wettrüsten für die Entwicklung eines großen und intelligenten Gehirns beim Menschen verantwortlich ist, hat allerdings einen Haken: Der Evolutionsdruck bei der Lösung sozialer Probleme, d. h. beim Erahnen der Reaktionen und Absichten anderer immer besser zu werden, ist bereits bei Schimpansen und Pavianen vorhanden. Eine auf soziale Komplexitäten basierender »Rote-Königin-Wettstreit« müsste daher auch bei verschiedenen Affen ein weit aus größeres Gehirn fordern als tatsächlich vorhandenen ist. (Dass für die Entwicklung eines großen Gehirns auch noch eine Neotenie (Stichwort: »Babyaffe«) verursachende Zufallsmutation zur Vergrößerung der Schädelkapsel erforderlich ist, soll an dieser Stelle nur angedeutet aber nicht weiter diskutiert werden). Zu vorgenannten Problemen hat es bisher verschiedene aber noch keine völlig überzeugenden Antworten gegeben. Einige Soziobiologen vermuten, dass der Schlüssel zum Erfolg des Menschen in der Bildung von Allianzen zwischen nicht verwandten Individuen und dadurch komplexer werdenden Sozialstrukturen zu suchen ist. Tatsächlich kommen solche Bündnisse jedoch auch im Tierreich z. B. bei Schimpansen oder Delphinen vor. Hinzu kommt, dass solche Theorien, zwar Argumente für die Entstehung von Sprache, taktischem Denken, sozialem Austausch und ähnlichem bieten können, für viele andere Dinge aber, denen Menschen einen großen Teil ihrer mentalen Energien widmen – Musik und Humor, um nur zwei zu nennen – keine passende Erklärung haben.

In Anlehnung an den Evolutionspsychologen Geoffrey Miller vertritt Ridley die Auffassung, dass die sexuelle Selektion die einzige Kraft ist, die aus heiterem Himmel einen hinreichenden Evolutionsdruck innerhalb einer Art schaffen kann, der ein Organ weit über seine normale Größe anwachsen lässt. In Analogie zu anderen durch sexuelle Selektion verursachten übertriebenen Entwicklungen ergibt sich folgende Erklärung für die Entstehung des menschlichen Gehirns: Vergleichbar den Pfauen, wo die Pfauenhenne selbst mit dem brillantesten Feuerwerk der Farben der Federn des Pfauenhahnes nicht dauerhaft zufrieden zustellen ist, so könnten auch Männer und Frauen immer höhere Ansprüche an Intelligenz, Sinn für Humor, Sprachgewandtheit und Kreativität ihrer Gefährten gestellt und dadurch die übertriebene Größe des Gehirns bewirkt haben. (Es scheint mir ein Zugeständnis an die ›political correctness‹ zu sein, dass Ridley hier die Analogie nicht konsequent anwendet und das Gehirn vergleichbar der Pfauenfeder als repräsentatives männliches Balzornament bezeichnet, das nebenbei auch noch gelernt hat, Differenzialgleichungen zu lösen.)

Dieser »Selbstläufer-These« wird häufig spontan entgegengehalten, dass die meisten Leute weder geistreich und kreativ, sondern einfallslos und langweilig seien. Diesen Einwand kann man damit ausräumen, dass sich unser Ansprüche mindestens ebenso schnell wie die Güte unserer Witze entwickelt haben. Ihre beste Bestätigung erfährt die These dadurch, dass eine ausgeprägte Selektivität des einen oder anderen Geschlechts beim Menschen und somit die Voraussetzung für übertriebene Entwicklungen geradezu vorbildlich gegeben ist. Ob aber gerade die Witzigsten und besten Unterhalter eine hohe Reputation genossen und daher einen großen Fortpflanzungserfolg zu verbuchen hatten, mag bezweifelt werden. Denkbar wäre aber, dass sowohl der »General« als auch der »Conferencier« reproduktiv erfolgreicher als durchschnittliche Männer waren. Hier scheint sich ohne weitere handfeste Indizien ein weites Feld für jeden Hobbypsychologen aufzutun. An dieser Stelle mag ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass sich die Soziobiologie bei lückenhaften evolutionsbiologischen oder genetischen Grundlagen häufig in einem wilden Spekulieren verliert4).

8. Wird die menschliche Gesellschaft durch die Instinktnatur determiniert?

Ridley ist ein überzeugter Verfechter der Auffassung, dass die menschliche Instinktnatur tiefer in unser Leben eingreift als manchem Gesellschaftswissenschaftler lieb ist. Der gravierende Einfluss der menschlichen Natur zeigt sich darin, dass Männer und Frauen überall in der Welt ein ähnliches sexuelles Rollenverhalten zeigen: Um es etwas plakativ zu beschreiben: In allen Kulturen dieser Welt sind es die Männer, die handeln und erwerben, während Frauen beschützt und verschachert werden. Söhne stoßen sich die Hörner ab, Töchter laufen Gefahr, ihr Leben zu ruinieren. Wo mit Sex gehandelt wird, sind meistens Männer die Käufer. Männer kämpfen, konkurrieren, jagen und geben auf der ganzen Welt an.

Die übliche Behauptung, dies sei alles kulturell bedingt oder die menschliche Natur sei ein Produkt von Gesellschaftsformen, kann erst ernst genommen werden, wenn es Berichte über plündernde Frauen gibt, die Dörfer verwüsten, um Männer gefangen zunehmen (von den sagenhaften Amazonen einmal abgesehen), die sie zu Ehemännern machen; wenn Eltern ihre Söhne ins Kloster stecken statt ihre Töchter, um deren Tugend zu erhalten; oder wenn die Verteilung von männlichen Präferenzen hinsichtlich physischer Attraktivität und des relativen Alters von Frauen in gleich vielen Kulturen in die oder eine Richtung vorbelastet ist.

Tatsächlich gibt es aber keine Gesellschaften, in denen Frauen einander häufiger umbringen als Männer, in denen alte Menschen schöner gälten als zwanzigjährige oder in denen Reichtum es nicht ermöglichte, Macht über andere zu erwerben. Dass die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau in Ridleys Beispielen mehr oder weniger klischeehaft dargestellt wird, hängt weniger mit seiner männlichen Perspektive als der ›Instinktnatur‹ der Sache zusammen und spiegelt natürlich nicht die tatsächliche Rollenverteilung in der modernen Gesellschaft wider. Im Übrigen übersieht die feministische Kritik an dem Phänomen, dass Männer die gesellschaftlichen Ressourcen (einschließlich der Sexualität der Frau) weithin kontrollieren, dass dies auch eine Folge der weiblichen Präferenzen bei der Partnerwahl ist. Über viele Generationen hinweg haben nämlich Frauen Männer, die über Macht und Besitz verfügen, gegenüber anderen bevorzugt.

Angesichts der Flut von Ähnlichkeiten in den verschiedenen Kulturen wäre es geradezu töricht zu leugnen, dass es geschlechtspezifische Unterschiede gibt und dass das Gehirn ein Organ mit angeborenem Geschlecht ist5). Es wäre aber nicht weniger töricht, die Unterschiede zu übertreiben. Was z. B. die Intelligenz angeht, so gibt es keinen Grund, anzunehmen, Männer seien dümmer als Frauen oder umgekehrt. Ohne Zweifel gibt es aber auch bei der Intelligenz Unterschiede (z. B. beim räumlichen Denken oder Erinnern von Gegenständen). Die Feststellung, dass Mann und Frau nicht gleich sind, wird von vielen Humanwissenschaftlern oder Frauenrechtlerrinnen bereits als geschlechtlicher Rassismus betrachtet; dabei leitet sich aus der Aussage, dass die Geschlechter nicht gleich sind, aber keinesfalls ab, dass sie nicht gleichwertig sind. Die Berufung auf geschlechtsspezifische Unterschiede darf auch nicht als Entschuldigung für irgendwelche gesellschaftlich geächteten Verbrechen herhalten: Das Natürliche darf keinesfalls heilig gesprochen werden, nur weil es biologische Realität ist. Männer beispielsweise haben eine natürliche Veranlagung zu Mord und Promiskuität, weil es ihren Reproduktionserfolg erhöht. Wenn eine Gesellschaft Mord gesetzlich verbietet und hart bestraft oder geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen männlicher und weiblicher Psyche (Männer sind z. B. in der Regel von Natur aus ehrgeiziger als Frauen) durch politische Maßnahmen auszugleichen versucht, dann handeln wir zwar der Natur zuwider – aber zweifellos gesellschaftskonform, weil z. B. Mord oder auch berufliche Unterdrückung kein Überlebensrezept für eine intakte Gesellschaft sein kann.

Die menschliche Gesellschaft baut darauf auf, dass jeder Mensch die volle Verantwortung für die eigenen Handlungen hat. Ohne diese notwendige Erfindung würden alle Gesetze zu wackeln beginnen. Dass letzteres eintreten kann, wurde in der Vergangenheit allerdings weniger durch die Berücksichtigung der menschlichen Instinktnatur als durch die Berücksichtigung psychologischer, sozialer oder gar kultureller Determinismen bei der Festlegung des Strafmaßes bewiesen. Die von Ridley postulierte, weitgehende Programmierung der Menschen durch die Instinktnatur schließt Entscheidungsfähigkeit bzw. die Existenz eines freien Willens keineswegs aus. Ein freier Wille kann z. B. entstanden sein, weil er ein Vorteil bei der sexuellen Konkurrenz bzw. beim Reproduktionserfolg oder weil er ein unbeabsichtigtes Nebenprodukt der Evolution des menschlichen Gehirnes war. Andererseits ist es eine Illusion zu glauben, der Mensch liebe den freien Willen; vielmehr sind wir eine Spezies, die sich freiwillig unterwirft, so oft sie kann. Dies zeigt sich auch dann, wenn es darum geht, mit psychologischen, sozialen, kulturellen oder auch neuerdings mit genetischen Determinismen das eigene Handeln zu rechtfertigen. Tatsächlich ist aber genetischer Determinismus genauso wenig wie sozialer Determinismus mit Unausweichlichkeit gleichzusetzen, so dass bei Rechtfertigungen dieser Art immer ein schaler Beigeschmack bleibt. Aufgrund des großen und gutfunktionierenden Gehirns ist kein Mensch seiner Instinktnatur unausweichlich ausgeliefert. Wir können unsere egoistischen Gene austricksen oder ihnen sogar befehlen, von der Brücke zu springen, in dem wir z. B. erheblich mehr Energie in unser individuelles Überleben als in unsere Reproduktion investieren, uns der Fortpflanzung verweigern und darauf verzichten erfolgreiche Nebenbuhler zu verprügeln oder Partner wählen, die so gar nicht zu evolutionsbiologischen Standards passen wollen. Kurz: Determinismus besagt nichts darüber, was ich tun kann oder nicht tun kann, sondern blickt rückwärts auf die Ursachen des gegenwärtigen Zustandes, aber nicht vorwärts auf seine Folgen.

9. Ausblick

In meiner bisherigen Darstellung und Besprechung von Ridleys Thesen habe ich seinen darwinistisch geprägten Begriffsapparat relativ unbefangen übernommen, weil die Geschichten seines Buches nicht von der Artentstehung sondern vorwiegend von innerartlichen Entwicklungen handeln. Genau hier hatte bereits Velikovsky dem darwinistischen Selektionsmechanismus seine eigentliche Funktion im Überlebenskampf zwischen Individuen, Rassen oder Arten und gegen die sich ständig ändernden Lebensbedingungen zugestanden. Diese Einschätzung von Velikovsky ist – abgesehen davon, dass die moderne Evolutionsbiologie den eigentlichen Überlebenskampf auf die Ebene der Gene verlagert hat – bis heute nicht hinzuzufügen. Man unterscheidet beim darwinistischen Evolutionsmechanismus zwischen natürlicher und sexueller Selektion. Die sexuelle Auslese bewirkt, dass nicht alle Individuen (oder Gene), die den »Kampf ums Dasein« überstehen, auch zur Fortpflanzung gelangen. Der Bedeutung der sexuellen Auslese wurde in der Vergangenheit häufig unterschätzt. Heute wird sie als die einzige Kraft gehandelt, die einen solch starken Evolutionsdruck erzeugen kann, wie er für die Entstehung von »Balzornamenten«, d. h. übertriebener oder übermäßig vergrößerter Strukturen bei Lebewesen notwendig ist. Eine weitere Eigenart der sexuellen Selektion besteht darin, dass die von ihr verursachten übertriebenen Entwicklungen häufig keine Überlebensprobleme lösen, sondern sie unter Umständen sogar verstärken. So zeigt die höhere Todesrate von Männern, dass die sexuelle Selektion sie zu Lebensstrategien zwingt, die ihrem individuellen Überlebenserfolg nicht gerade förderlich ist6). Neben der sexuellen Selektion wird von Ridley die zunehmende Bedeutung des »Rote-Königin-Wettstreites« für evolutionsbiologische Erklärungsmodelle hervorgehoben. Überall, wo die ruhelose »Rote Königin« oder die sexuelle Selektion im Spiel sind, schreitet die Evolution schnell voran.

Ridley geht davon aus, dass sich auch unser Gehirn aufgrund dieser beiden Evolutionsmechanismen relativ schnell entwickelt hat. Eine schnelle Evolution des Gehirns, ist aber wenn man von dem morphologischen Merkmal einer großen Schädelkapsel absieht, archäologisch nur schwer nachweisbar, da sich so etwas wie die Fähigkeit soziale Probleme zu bewältigen nur selten in fossilen Funden konserviert. Geht man aber davon aus, dass sich die zunehmende soziale Kompetenz und Intelligenz der Hominiden auch einen positiven Einfluss auf die technologische Entwicklung hatte, gerät Ridley mit seiner Argumentation in arge Schwierigkeiten. So muss er feststellen, dass die Geschichte der Werkzeuge weit davon entfernt ist, den Lobpreis unermüdlichen menschlichen Erfindungsreichtum zu singen sondern im Gegenteil von einem ermüdenden Konservatismus erzählt, bei dem es wenig Erfindungsreichtums und kaum schöpferische Prozesse gab. An anderer Stelle bemerkt er: Eine ganze Millionen Jahre lang produzierten die Menschen dieselben langweiligen Faustkeile. M. E. hätten Ridley angesichts dieser Faktenlage Zweifel kommen müssen, ob die Hominiden über Millionen von Jahren hinweg, ihr immer besser funktionierendes Gehirn ausschließlich für einen immer anspruchsvolleren sozialen Konkurrenzkampf verwendet haben, statt sich mit Hilfe von technologischen Entwicklungen den täglichen Überlebenskampf zu erleichtern oder gar den ein oder anderen Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Mit anderen Worten: Da die langweilige Artefaktengeschichte so gar nicht zur schnellen Evolution des Gehirns passen will, hat Ridley hier die Chance verpasst, die herrschende Chronologie kritisch zu hinterfragen. Dies macht deutlich, dass auch Ridley nur so gut und originell ist, wie die Literatur, auf die er sich beruft. Tatsächlich ist Ridley ein außergewöhnlich guter Kenner der wissenschaftlichen Literatur zur Gen- und Verhaltensforschung, was er auch mit seinem jüngsten Buch »Alphabet des Lebens – Die Geschichte des menschlichen Genoms« wieder eindrücklich belegt hat. Weniger kenntnisreich scheint er allerdings bezüglich der paläontologischen und paläoanthropologischen Forschungsliteratur zu sein, was sich nicht nur in dem hier besprochenen sondern auch auf einige Themenbereiche seines prämierten Buches »Die Biologie der Tugend – Warum es sich lohnt, gut zu sein« negativ ausgewirkt hat.

10. Nachbemerkung

Die Naturgeschichte der Sexualität wurde hier aus doppelter männlicher Perspektive dargestellt: Erstens vom Autor des Buches und zweitens vom Berichterstatter und Rezensenten. Dieser zweifache männliche Filterung könnte einen erheblichen Einfluss auf die Darstellung des Themas haben, denn in Ridleys Buch geht es um Fragen, die unsere Existenz, d. h. unsere persönlichen Sinnstiftungen und Selbstdeutungen unmittelbar berühren – und die sind bekanntermaßen weder personen- noch geschlechtsneutral. Vor diesem Hintergrund wäre es sicher ein Gewinn zu erfahren, wie die soziobiologischen Erklärungsmodelle aus der weiblichen Perspektive beurteilt werden. Es ist kein Geheimnis, dass Feministinnen diesen Modellen eher ablehnend bis abschätzig gegenüber stehen. Dies liegt wohl daran, dass sie geschlechtsspezifische Gefälle in der Gesellschaft zwar beschreiben und erklären aber nicht verurteilen. Darin unterscheiden sie sich deutlich von soziologischen oder psychologischen Erklärungsmodellen, die nicht nur dazu tendieren, Alltagssituationen bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen, sondern auch noch moralisch zu beurteilen. Aufgrund der rasanten Fortschritte in der Genforschung ist absehbar, dass Soziobiologie und Evolutionspsychologie auch zukünftig unsere vertrauten Selbst- und Weltdeutungen mit provokanten Thesen verunsichern, also bereichern werden.

Anmerkungen

1) Leicht überarbeitete Fassung eines im Zeitensprünge-Bulletin (ZS 2/2000) veröffentlichten Artikels. Das chronologiekritische Zeitensprünge-Bulletin wird von Heribert Illig und Gunnar Heinsohn herausgegeben.

2) In einem in ZS 3/2000 veröffentlichten Leserbrief kommentierte eine Chronologiekritikerin, dass mein »Ausruf ›Wichtiger als die Bibel!‹ in seiner Bösartigkeit – leider ungewollt – fast an englischen Humor erreicht«. Ich betrachte dies trotz der Einschränkung als Kompliment.

3) Natürlich reden Männer auch viel über Fußball! Aber auch den versuchen die Massenmedien zunehmend zu sexualisieren und erotisieren, indem z. B. kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über hübsche Spielerfrauen oder Affären unserer Topp-Profispieler berichtet wird.

4) Im Hinblick auf den Mechanismus der natürlichen Selektion wird diese Unsitte als »adaptive storytelling« bezeichnet. Damit ist gemeint, dass Darwinisten dazu neigen, jedes bei Lebewesen vorhandene Merkmal als optimierte durch natürliche Selektion entstandene Struktur zu interpretieren bzw. durch hanebüchene Geschichten, die von Adaption und Selektion handeln, zu erklären.

5) Wie aktuell Ridleys Bezeichnung des Gehirns als Organ mit angeborenem Geschlecht ist, zeigt der lesenswerte Augusttitel 2010 von »bild der wissenschaft«. Der lautet »Geschlechtsorgan Gehirn – Was uns wirklich zu Mann und Frau macht«. Darin wird auch über die neue Erkenntnis berichtet, dass männliches oder weibliches Verhalten im Gehirn nicht fest verdrahtet ist, sondern unter bestimmten Umständen durch Umlegen von biochemischen Schaltern von einem ›Betriebsmodus‹ in den anderen wechseln kann. Und hierbei kann auch Lebenserfahrung eine große Rolle spielen.

6) Selbst unser laut Soziobiologie als Balzornament entstandenes überdimensioniertes Gehirn ist der Alltags- oder Lebensbewältigung nicht immer förderlich und neigt z. B. dazu, Entscheidungen unnötig zu verkomplizieren. Dies ist wohl jedem Leser aus seinem persönlichen Erfahrungsbereich bekannt.

G.M., 18.08.2010

 

 

Über die Instinktnatur des Menschen, von Monogamie und Untreue und was uns mit Vögeln verbindet.

 
   


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